Nachdem wir in den letzten Wochen mehrere Verlierer (apple.com, stuttgart.de, sportschau.de) im SISTRIX Sichtbarkeitsindex näher beleuchtet haben, wollen wir uns heute auch mal mit einem positiven Beispiel beschäftigen. Seit Monaten ist immer wieder die Domain duden.de auf der Gewinnerseite der wöchentlichen Movers & Shakers zu finden. Wie die folgende Grafik zeigt, ist alleine seit Jahresanfang der Sichtbarkeitsindex von 140 Punkte auf inzwischen 219 Punkte (+92 Prozent) gestiegen. Bei dieser Entwicklung könnte sogar ein zalando.de neidisch werden.
Irgendetwas scheint die Domain richtig zu machen. Das wollen wir uns genauer anschauen.
Wann hat der Aufwärtstrend von duden.de begonnen?
Um die Ursache für den beeindruckenden Anstieg der Sichtbarkeit von duden.de bestimmen zu können, ist es zielführend, zuerst einmal den Zeitpunkt zu identifizieren, wann der Aufwärtstrend begonnen hat. Auf den ersten Blick ist dieser etwas schwer zu erkennen, da die starken Anstiege der vergangenen Monate die Anstiege in 2011 und 2012 zu winzigen Ausschlägen schrumpfen lassen. Um die Details besser zu erkennen, wähle ich in der Toolbox einfach mit gedrückter Maustaste einen Zeitraum vor 2013 aus und führe anschließend eine Trendanalyse durch. Ausführliche Informationen wie man Trendanalysen erstellt, kann man zusammen mit vielen Fallbeispiele in unserem kostenlosen E-Book „SEO-Analysen mit dem SISTRIX Sichtbarkeitsindex“ nachlesen.
In der Grafik sieht man deutlich, dass der Sichtbarkeitsindex von duden.de am 23.05.2011 aus dem seit 2008 andauernden Seitwärtskanal nach oben ausgebrochen ist. Kurz vor diesem Zeitpunkt lohnt es sich nach der Ursache zu forschen. Ich habe die Ursache in der Toolbox mit dem Ereignis-Pin A markiert und ihn auf das Datum 02.05.2011 gesetzt. Ihr werdet gleich sehen warum.
Grundsätzlich ist ein Anstieg im Sichtbarkeitsindex möglich, wenn man zu einer größeren Anzahl Keywords Rankings erzielt, zu bestehenden Keywords bessere Rankings erreicht, oder im Idealfall in beide Richtungen erfolgreich ist. Ursachen sind oft eine verbesserte Informationsarchitektur der Website, neuer Content und/oder eine verbesserte Verlinkung.
Bei einer Sichtung der Pressemitteilungen auf duden.de für den gesuchten Zeitraum Mai 2011 werde ich auch direkt fündig. Am 02.05.2011 (Ereignis-Pin A) hat das Unternehmen einen Relaunch bekanntgegeben. Und auch SPIEGEL Online hat darüber berichet. Zusammen mit dem Relaunch wurde die Paywall abgeschafft und die Internet-Nutzer können seither den Rechtschreib-Duden mit vielen Extra-Funktionen der Online-Version kostenlos nutzen.
Mutiger Schritt hin zur Kostenloskultur
Diesen für einen Verlag mutigen Schritt hin zur Kostenloskultur im Internet kommentiert Marion Winkenbach, verlegerische Geschäftsführerin des Dudenverlags, wie folgt:
„Für unsere Markenpolitik ist es wichtig, dass wir auch online die Nummer eins sind in Sachen deutsche Sprache.“
Der Dudenverlag hat offensichtlich erkannt, dass das mit einer Paywall nicht möglich ist, da im Netz andere und vor allen Dingen kostenlose Wörterbücher nur einen Klick entfernt sind. Auf Dauer hätte die Paywall trotz der starken Marke Duden die Nutzer immer mehr in die Hände der Wettbewerber getrieben und die Marke somit langfristig geschwächt.
Wie sich dieser Strategiewechsel ausgewirkt hat, zeigt deutlich das Suchinteresse in Deutschland nach „Duden“ bei Google Trends.
Seit dem Relaunch steig das Suchinteresse kontinuierlich an. Die Nutzer suchen verstärkt gezielt nach der Marke Duden.
Aber auch bei anderen wichtigen SEO-Kennzahlen macht sich der Relaunch stark bemerkbar. Die Anzahl indexierter Seiten steigen seither ebenso wie die Anzahl Keywords mit Rankings in den Top 100. Ebenso bei der wichtigen Kennzahl der verlinkenden Domains (Domain-Pop) ist ein stetiges Wachstum zu erkennen. Ein kostenloses Angebot wird nun einmal lieber und vor allen Dingen häufiger verlinkt als ein Angebot mit Bezahlschranke.
Ebenfalls hat sich die Rankingverteilung nach dem Relaunch äußerst positiv entwickelt. Bei über 35 Prozent der vorhandenen Rankings ist duden.de inzwischen auf Seite 1 der Suchergebnisse zu finden.
Praktisch alle SEO-Kennzahlen erzählen die gleiche Geschichte. Der steigende Sichtbarkeitsindex ist die logische Konsequenz aus dem Anstieg der einzelnen Werte.
Das Erfolgsrezept von duden.de
Den SEO-Erfolg von duden.de kann man insbesondere durch folgende vier Punkte beschreiben:
- kostenloser Content mit deutlichem Mehrwert für die Nutzer
- starke Marke mit steigendem Suchvolumen
- gute interne Verlinkung
- gute Usability und schnelle Seitenaufrufe durch Server-Cache für häufig aufgerufene Inhalte
Der Erfolg von duden.de hat nichts mit geheimnisvollem SEO-Voodoo zu tun. Eine starke Marke hat einfach nur wertvolle Inhalte barrierefrei für Suchmaschinen und Nutzer von Suchmaschinen aufbereitet. Nicht mehr und nicht weniger.
Auch wirtschaftlich ein Erfolg?
Die Frage ist, ob der SEO-Erfolg auch einen wirtschaftlichen Erfolg für den Dudenverlag bedeutet. Schließlich besteht die Gefahr, dass die kostenlose Online-Version den Verkauf der gedruckten Bücher schmerzlich kannibalisiert.
Man kann dem entgegenhalten, dass das Internet den Buchverkauf ohnehin kannibalisiert und der Dudenverlag in Wirklichkeit überhaupt keine Wahl hatte. Wenn es den Duden online nicht kostenlos gibt, dann wenden sich die Nutzer eben anderen Marken mit einem kostenlosen Angebot zu. Insofern ist es besser sich selbst zu kannibalisieren anstatt von andern Marken kannibalisiert zu werden. Das steigende Suchinteresse nach Duden bei Google Trends zeigt klar den positiven Einfluss nach dem Relaunch auf die Marke.
Der Dudenverlag scheint aber auch insgesamt mit der Entwicklung zufrieden zu sein. Fünf Monate nach dem Relaunch sagte Marion Winkenbach:
„Wir ziehen eine sehr positive Bilanz der ersten Monate. Die Neugestaltung der Website hat dazu geführt, dass wir in Suchmaschinen deutlich besser gerankt und unsere Inhalte besser gefunden werden. Der Traffic hat sich seit dem Start von duden.de verdoppelt, was sich erfreulicherweise auch in einem deutlichen Wachstum unserer Onlineverkäufe niederschlägt.“