Eigentlich sollte der Umzug einer Domain auf eine neue Domain relativ schadlos für die Google-Rankings verlaufen, wenn man sich konsequent an die Anweisungen hält. In der Praxis gibt es aber Beispiele, die einen vermuten lassen, dass Domainumzüge ein bedeutsames SEO-Risiko beinhalten.
theguardian.com verliert 50 Prozent Sichtbarkeit
Am 30. Juli 2013 ist die Website der britischen Tageszeitung The Guardian von der Domain guardian.co.uk auf die Domain theguardian.com umgezogen. Infolgedessen fiel der Sichtbarkeitsindex von etwa 550 Punkte (guardian.co.uk) auf ein Niveau von rund 280 Punkte (theguardian.com) bei Google UK. Ein Verlust von fast 50 Prozent.
Erst nach drei Monaten stieg die Sichtbarkeit Mitte November wieder auf das alte Niveau.
- theguardian.com verliert 50 Prozent Sichtbarkeit
- home24.de verliert dauerhaft
- tz online verliert über 75 Prozent
- Werden beim Domainumzug nicht alle Eigenschaften der alten Domain übertragen?
- Ist Google bei Domainumzügen vorsichtig, um sich vor Spam zu schützen?
- Beispiel für erfolgreichen Domainumzug
- Update vom 31. Januar 2014
home24.de verliert dauerhaft
Wie die nächste Grafik zeigt, ging ebenfalls bei dem Umzug von moebel-profi.de auf home24.de viel Sichtbarkeit verloren. Auch bei diesem Beispiel fiel die Sichtbarkeit um fast.50 Prozent von 21,387 Punkte (moebel-profi.de; 30.01.2012) auf 11,053 Punkte (home24.de; 06.02.2012).
Bei dem Möbelshop der Samwer-Brüder aus der Start-up-Schmiede Rocket Internet kann man ausreichend SEO-Know-how unterstellen, um gravierende SEO-Fehler beim Domainumzug auszuschließen. Im Gegensatz zu theguardian.com kann man bei diesem Beispiel keine Rückkehr auf das alte Niveau nach drei Monaten beobachten. Verantwortlich sind dafür wahrscheinlich Google-Updates in Zusammenhang mit einem sportlichen Linkaufbau der Domain.
tz online verliert über 75 Prozent
Ein sehr frisches Beispiel ist der Umzug der Tageszeitung tz München aus dem Hause Ippen von tz-online.de auf tz.de. Auch dieser Umzug wurde von viel SEO-Know-how begleitet. Trotzdem lag der Sichtbarkeitsindex von tz.de in den vergangenen Wochen seit dem Umzug deutlich unter dem alten Niveau von tz-online.de.
Aus SEO-Sicht erschwerend kam in diesem Fall auch noch ein Relaunch mit dem damit verbundene radikale Umstellung des gesamten Frontends hinzu. Es wurde mir auf Nachfrage versichert, dass beim tz-Umzug das Tool zur Adressänderung in den Webmaster-Tools genutzt wurde. Ebenfalls wurden umfangreiche 301-Weiterleitungen eingerichtet.
Ich drücke dem Team beide Daumen, dass wie bei theguardian.com die alte Sichtbarkeit nach spätestens drei Monaten wieder zurück kommt. Die Domain habe ich auf meine Watchlist gesetzt und werde die Entwicklung gespannt verfolgen.
Werden beim Domainumzug nicht alle Eigenschaften der alten Domain übertragen?
Die Sichtbarkeitsverluste nach dem jeweiligen Domainumzug der drei genannten Beispiel lässt vermuten, dass Google eventuell nicht (sofort) alle Eigenschaften der alten Domain auf die neue Domain übertragen hat. Man kann hier an Eigenschaften wie Trust und/oder Nutzersignale denken. Aber auch an Eigenschaften wie PageRank und dem damit verbundenen Crawling- und Indexierungsbudget. Eventuell muss Google auch alle bestehenden Links erst neu crawlen, damit die Weiterleitung erkannt und die Links für die neue Domain gewertet werden.
Der Sichtbarkeitsverlauf von tz.de ähnelt bisher der Entwicklung einer durchaus starken, aber ganz neuen Domain, bei der Google über noch keine ausführliche Daten-Historie verfügt. Zur Veranschaulichung zeigt die folgende Grafik die Entwicklung von tz.de mit der im September in Deutschland gestarteten Domain huffingtonpost.de.
Sammelt Google erst Nutzerdaten, bevor der Domain mehr Sichtbarkeit in den SERPs eingeräumt wird, oder findet eine Trust-Berechnung inklusive Weiterleitung nur in längeren Update-Zyklen statt?
Ist Google bei Domainumzügen vorsichtig, um sich vor Spam zu schützen?
In der Vergangenheit war es eine beliebte SEO-Technik, eine abgestrafte Website durch einen Domainumzug wiederzubeleben. Ein Beispiel dafür ist der Umzug von misterinfo.de auf misterinfo.com. Für einen gewissen Zeitraum konnte so erfolgreich ein totes Pferd geritten werden.
Es wäre verständlich, wenn Google die Qualität der Suchergebnisse schützen möchte und bei Domainumzügen vorsichtiger geworden ist, um den Erfolg solcher Techniken zu minimieren.
Beispiel für erfolgreichen Domainumzug
Es gibt selbstverständlich auch Fälle, bei denen die Sichtbarkeit komplett übergeben wurde. Als Beispiel kann man den Umzug von seokai.com auf search-one.de nennen.
Hierbei handelt es sich allerdings um eine Domain, die insgesamt nicht über so viele Rankings und so viel Sichtbarkeit verfügt wie die Website einer großen Tageszeitung oder eines großen Online-Shops. Eventuell stößt man in dieser Größenordnung noch nicht an eine „Trustgrenze“ bei Google.
Update vom 31. Januar 2014
Ich habe John Mueller von Google gefragt, wie lange es dauert, bis Google bei einem Domainumzug der neuen Domain im gleichen Umfang vertraut wie der alten Domain. John bestätigt die Vermutung, dass es eine Weile dauert:
„Grundsätzlich dauert es immer eine Weile bis alle unsere Signale weitergeleitet werden. Die meisten können wir grad nach einem Redirect übernehmen, aber zum Teil gibt es einfach Sachen, die einfach eine Weile brauchen bis sie auch übernommen werden, bis sie wirklich gleich stark oder ähnlich stark bei der neuen Domain sind. Selbst wenn man das vom Crawling her ein bisschen schneller machen könnte, denke ich, dass man da immer, ich schätze jetzt mal, ein paar Wochen zumindest irgendwelche Unterschiede sehen würde, bis wirklich alles genau gleich eingependelt ist.“– John Mueller, 31.01.2014
– John Mueller, 31.01.2014
Ihr könnte Euch die Antwort auch in dem folgenden Video ab Sekunde 40 anschauen. Dort gibt John auch noch weitere Tipps zum Domainumzug.
Wie sind Eure Erfahrungen mit Domainumzügen? Kennt Ihr weitere Beispiele für gelungene und weniger gelungene Umzüge? Es würde mich freuen, wenn wir hier in den Kommentaren noch ein paar Beispiele sammeln und gegenseitig ein paar Tipps austauschen können.