Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX
Jede Webseite ist ja in einer anderen Situation. Was der einen Webseite viel hilft, hat bei der anderen Webseite vielleicht gar keinen großen Effekt mehr, weil man schon genug davon hat. Wenn man sich das mal wie so ein Röhrensystem vorstellt, durch das Wasser fließt. Wie viel da durch fließt, bestimmt das dünnste Rohr, das ist der Engpass. Der verstopft praktisch das System.
Wie finde ich dann heraus, was der Engpass bei einer Webseite ist? Und wo ich praktisch den größten Hebel habe – die größte Möglichkeit, wenn ich an einer Schraube drehe – dass dann der größtmögliche Effekt entsteht?
Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH
Ich würde sagen, letzten Endes gibt es auch hier eigentlich wieder keine Blaupause. Da muss man eigentlich schauen, dass man sich wirklich seine eigenen Daten und Zahlen anguckt. Letzten Endes ist der Engpass ja immer da. Ob ich jetzt eine kleine Webseite habe oder eine große Webseite. Am liebsten würde ich alles sofort machen. Das geht meistens nicht. Also fange ich meistens ja erst da an, wo ich schon Geld verdiene und versuche aus dem Geld, was ich verdiene, noch mehr Geld zu machen.
Dinge die funktionieren adaptieren und verstehen. Schauen, wie macht es die Konkurrenz? Wie kann ich davon was lernen? Und das dann vielleicht besser machen. Und dann seine Hausaufgaben machen. Bei den Sachen, die schlecht funktionieren kann ich ja auch wieder da in meine eigenen Zahlen schauen und gucken, “wie ist das Verhältnis von den Seiten, die jetzt schon wirklich sehr sehr gut performen hin zu den Seiten, wo halt seit vielen Monaten vielleicht gar kein Traffic und gar keine Sales und Conversions stattgefunden haben?”
Da dann die Probleme heraus finden. Angefangen von den technischen Sachen, über die inhaltlichen Sachen. Beantworte ich Nutzerfragen darauf oder bin ich letzten Endes völlig fernab von der Beantwortung von irgendeiner Frage, die sich ein Nutzer stellen kann?
Anke Probst
Senior SEO Managerin, XING AG
Ja, ganz schwieriges Thema. Also, sind wir mal ehrlich: viele Sachen werden natürlich auch von Google, beziehungsweise von den Usern vorgegeben. Indem, zum Beispiel, mobile Suchanfragen steigen, reagiert Google darauf und letztendlich laufen alle hinterher. Also das ist so dieses Beispiel “Mobile Optimierung”. Da ist die Strategie halt ganz einfach: man guckt was am Suchmaschinenmarkt passiert, wie sich Google verhält und passt dementsprechend seine Strategie an.
Ansonsten bin ich immer ein Freund davon, die Webseite erstmal auf gesunde Füße zu stellen. Unabhängig davon, was jetzt der Wettbewerb macht. Erstmal muss mein komplettes System sauber sein, gut funktionieren, bevor ich mich da an irgendwelche anderen Strategien ranwage. Wie Content-Aufbau oder gar Link-Aufbau oder solche Geschichten. Natürlich gucke ich mir dann auch den Wettbewerb an.
Was ich bei XING noch mache ist, ich hole mir ganz viele Informationen aus anderen Abteilungen rein. Das kann auch zum Beispiel User Feedback sein. Also wenn ich vom User das Feedback bekomme, dass er in seinem Profil was geändert hat und das nach zwei Monaten aber noch nicht bei Google sichtbar ist, dann weiß ich, “Okay, wir haben hier wahrscheinlich ein Crawling Problem”. Wenn sich das häuft, dann reagiere ich auf sowas. Gucke mir sowas genauer an. Gucke mir über eine Logfile-Analyse an, wie oft werden unsere Sachen gecrawled und dann merke ich meistens schon, “das könnte jetzt ein großer Hebel sein” und dann geh ich das an.
Also es geht definitiv nicht darum einfach nur typische SEO-Sachen, die man irgendwo liest, dann auf seine Domain zu adoptieren oder von Wettbewerbern abzugucken. Sondern ich muss wirklich individuell entscheiden, was ich brauche und dazu brauche ich halt auch Feedback aus anderen Abteilungen. Weil die ganz oft viele Sachen mitkriegen, wo ich dann merke, das könnte tatsächlich einen Effekt auf SEO haben. Und das muss ich dann halt mit in meiner Strategie berücksichtigen.
Nicolas Sacotte
Gründer & Berater, contentking.de
Ja, also dem stimme ich zu. Ich glaube ganz ganz wichtig ist auch immer eine Ist-Aufnahme, ein kleines SEO-Audit, sowohl OnPage als auch Offpage. Tatsächlich erstmal zu schauen, welche Seiten, wie viele Seiten habe ich denn im Index und welche davon machen Sinn? welche machen keinen Sinn?
Dann, wie du eben auch schon sagtest, natürlich, wie viele Seiten hat denn der Wettbewerber im Index? Sofern man einen Wettbewerber als hundertprozentigen Wettbewerber festlegen kann. Oftmals ist da noch Zusatzangebot, dann wird es mit halt der Vergleichbarkeit schwieriger. Und dasselbe, glaube ich, eben im Bereich OffPage auch. Also, wo rankt der Wettbewerber? Wo ranken Seiten zu den Suchbegriffen, die für mich interessant sind? Und wie haben die das erreicht? Wie sieht das Link-Bild aus?
Und wenn ich diesen Ist-Zustand aufgenommen habe, kann ich diesen Engpass, den du meintest, auch einfach viel schneller finden. Und dann zielgerichtet darauf hinarbeiten diesen zu beseitigen.
Jens Fauldrath
Geschäftsführender Gesellschafter, get:traction GmBH & termfrequenz PodCast
Wenn ich jetzt mal – wir sitzen ja hier bei SISTRIX, habe ich mir sagen lassen und ihr habt ja die Möglichkeit, dass man da relativ schnell mal Vergleiche von mehrere Domains durchhaut. Dann kann ich mich erstmal mit Leuten, die wirklich in meiner Industrie gegen mich sind, auseinandersetzen. Und da sieht man schon relativ klar, wenn die alle 800 Domain Popularity haben und ich hab 2, dann sieht das irgendwie doof aus. Ist es 800 zu 600 würde ich sagen, okay, kann man mit leben. Alles feini.
Ich mag es auf die Schnelle gerne so kombinierte Messzahlen zu haben. Also, wie viele Seiten brauche ich denn im Index um einen Sichtbarkeitspunkt zu erreichen? Und wie viele brauchen meine Mitbewerber? Dann sehe ich, bin ich effizient oder bin ich nicht effizient? Und dann weiß ich, liegt da was oder liegt da was nicht. Und wenn man es auf die Schnelle feststellen kann.
Aber das sind alles Außensichten. Es gibt bei dem ganzen Thema auch noch die Innensicht. Also wenn ich jetzt die Möglichkeit habe, dass da drei Redakteure rumsitzen, meine Technik aber extern ist. Dann kann ich halt einfacher und billiger Content produzieren als technische Issues zu lösen. Dann muss ich gucken, dass ich da die Basics setze, mir nicht weh tun, also die Hygienefaktoren beseitigen. Aber ich muss da jetzt nicht Cutting Edge anstreben, weil es einfach zu teuer ist. Also das ist dann die Gegenansicht, die man darauf legen muss, damit da wirklich ein rundes Bild raus kommt.
Aber wie gesagt, für einen schnellen Blick ist da euer Vergleich immer wirklich sehr hilfreich, um mal zu sehen, ob ich komplett out of scope bin? Weil das tut mir dann halt wirklich weh.
Prof. Dr. Mario Fischer
Studiengangsleiter E-Commerce ,Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH) Würzburg
Also, das seh ich ganz genauso. Das A und O ist erstmal eine saubere Ist-Analyse. Weil, bevor ich sagen kann was sinnvoll zu tun ist, muss ich erstmal wissen, wo steh ich. Wo stehen meine Mitbewerber? Und in dem Sinne kann natürlich auch eine Wikipedia-Seite oder irgendeine andere Seite ein Ranking-Mitbewerber sein. Das muss nicht jetzt unbedingt ein reales Unternehmen sein, was ja Umsatz machen will.
Und das muss ich mir anschauen. Auch die Seiten anschauen, vielleicht auch ein Audit machen und sagen, “stehen die vielleicht vorne? Geht’s denen um Information-Keywords?” – jemand will also eine Information haben – oder geht es beispielsweise um Transaktionen?
Dass jemand irgendwas tun will im Netz? Weil Google da ja auch unterschiedlich darauf reagiert. Muss man sich einfach anschauen und sagen, “wie viel Content haben die? Wie gut sind die Seiten?” Man kann ja heute auch im Netz abrufen, wie viele Besucher werden da in etwa sein? Wie lang sind die etwa auf den fremden Seiten? Das muss ich alles vergleichen.
Natürlich auch das Backlink-Profil. Aber eben nicht auch nur die Zahl der Backlinks, sondern auch gucken und sagen: Wie viele Links gehen denn bei denen auf die Domain? Wie viele gehen als Deep-Link rein? Wie gut ist deren Link-Profil? Was fehlt mir da, um es gegenüber zu stellen? Um erstmal quasi das schwache Rohr zu finden. Das sich ja durchaus bei verschiedenen Keywords unterschiedlich darstellen kann.
Weil das wissen wir ja auch, dass kompetitive Keywords, die viel Geld verdienen können, bei Google sehr viel stärker Algorithmen unterworfen sind. Es also schwieriger ist diese zum Ranken zu kriegen als einfachere Keywords. Da kann es durchaus sein, dass man da auch gemischte Strategien fahren muss. Aber das A und O ist wirklich sich mit professionellen Tools einen Überblick zu verschaffen über OnPage, OnSite und natürlich auch OffSite, das Linkprofil.
Und dann einfach gucken und schauen und sagen: haben die Mitbeweber Keyword-Links? Wie viele haben die? Was toleriert Google bei dieser Art der Suche? Und dann kann man eigentlich erst eine Strategie festlegen und sagen “Gut und in der Richtung müssen wir ausbauen und da müssen wir eben die Handbremsen lösen, die wir noch haben!”
Alles andere macht keinen Sinn. Blind Links oder blind Content aufzubauen ist eigentlich eine völlig falsche Strategie. Was aber leider häufig gemacht wird.
Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH
Ich find auch das Wort “Strategie” extrem wichtig, weil das impliziert ja schon mal, dass es ein Weg ist den man gehen muss und der auch letzten Endes eine gewisse Zeit mit sich bringt. Das ist ja nicht halt nicht der On/Off-Effekt wie bei AdWords, sondern ich muss erst etwas entwickeln, an meiner Seite verbessern, OnPage oder OffPage, und dann muss das auch erst mal noch seitens Googles gemessen werden. Und dann gegen all das andere was da existiert, nochmal wieder gegengerechnet werden. Bevor es dann überhaupt zu irgendwelchen Änderungen kommen kann.
Und da erlebe ich, in der Beratung, oftmals Erwartungshaltungen, dass sobald der Audit der Seite fertig ist, es dann ja schon besser werden muss. “Wir machen ja schließlich schon seit ein paar Monaten hier dieses SEO”. Aber wenn nichts an der Seite geändert ist, dann passiert halt einfach nichts.
Jens Fauldrath
Geschäftsführender Gesellschafter, get:traction GmBH & termfrequenz PodCast
Und man darf halt nicht vergessen, man sollte immer sagen, man muss die Innensicht drauflegen und sagen, “was ist denn der Grund dafür?” Also, bin ich in der Lage technisch schnell etwas zu ändern? Und günstig etwas zu ändern? Oder muss ich die Lage erst herstellen?
Weil SEO sonst auch schnell sehr teuer werden kann, wenn ich die falschen Rahmenbedingungen habe. Habe ich eigenes Redaktions-Know-How? Auch wenn ich insgesamt viel mehr Content brauche als da ist. Aber wenn wenigstens etwas da ist, dann sind die in der Lage auch sinnvolle Briefings zu schreiben. Sonst krieg ich halt nur Käse zurück.
Also diese Rahmenbedingungen, die dazu geführt haben, dass man ein Bottleneck hat, muss man halt auch mit abbauen. Sonst wird die Beseitigung des Bottlenecks einfach unendlich teuer und ich habe es in einem halben Jahr eh wieder. Weil ich einfach die Fähigkeit nicht aufgebaut habe in dem Bereich.
Prof. Dr. Mario Fischer
Studiengangsleiter E-Commerce, Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH) Würzburg
Was häufig auch hilft, für die Budget-Diskussion, ist einfach Dinge dann auch einmal zu testen. Bevor man jetzt eine große Strategie ausrollt und sagt: ich brauch viele Links, ich brauch viel Content. Sage ich erst, nimm mal einen Bereich, nimm dir zwei, drei Seiten vor. Bau da richtig guten Content rein. Guck mal, wie man den dann in die Breite kriegt, über Social Media, dass da auch Traffic drauf kommt, dass da Links drauf kommen.
Und schau, wie Google auf deine Domain reagiert. Weil das ja durchaus völlig unterschiedlich ist. Wenn du eine bestimmte Strategie bei einer Domain fährst, die kann da gut funktionieren, bei einer anderen geht es gar nicht. Und nimm vielleicht auch immer mal eine klassische ABC-Analyse. Nimm einfach mal die wichtigsten Dinge, teste das mal an, schau, was passiert im Ranking und dann kann man anfangen, klassisch, spezifisch, hoch zu rechnen. Und zu sagen, “Okay, wenn wir das verstärken das Ganze, das bringt uns so und soviel vom Ranking. Vielleicht, mit nem groben Rettig darüber, was bringt das an Umsatz?
Und dann stehen plötzlich Euro auf dem Tisch und dann kann ich wieder zurück rechnen und sagen, “Okay, wie viel SEO-Budget brauche ich, um den Umsatz zu erreichen?” Und dann muss ich nicht mit jemanden diskutieren, ob man das macht oder Content aufbaut. Sondern ich sag, “Ich hab die Investition und den Return krieg ich wahrscheinlich zurück. Und das muss ich ausprobieren”. Und dann ist oft das Budget gar nicht so das Thema.
Jens Fauldrath
Geschäftsführender Gesellschafter, get:traction GmBH & termfrequenz PodCast
Und du stellst halt Glaubwürdigkeit her. Also Leuchttürme helfen immer, dann wird es ja fast ein Selbstläufer. Weil, wenn du irgendwas Gutes hingestellt hast und es funktioniert? Dann frag ich natürlich immer, “Wie krieg ich das skaliert?” Also dann musst du gar nichts mehr machen, das passiert dann von alleine.
Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX
Du hast dann auch klare Ziele, die du überprüfen kannst. Ob du reist, und ob du noch auf dem Weg bist.
Nicolas Sacotte
Gründer & Berater, contentking.de
Auch hier, die einzelnen Ziele zu fokussieren ist halt ganz ganz wichtig. Und auch einzelne Maßnahmen nicht parallel auszuführen, sondern wirklich Schritt für Schritt. Also ich kann halt nicht ein dubioses Linkprofil abbauen, gleichzeitig neue Links aufbauen und jede Menge Content produzieren. Am Ende des Tages weiß ich halt nicht, was dann funktioniert oder was eben nicht funktioniert hat. Da stimm ich dir zu.
Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX
Prima, vielen Dank.