In der Websuche herrscht derzeit Aufbruchsstimmung: Seit Generative AI mit ChatGPT den Durchbruch geschafft hat, wittern Googles Wettbewerber ihre Chance, das Suchmonopol aufzubrechen. Kann das gelingen, und wie positioniert sich Google?
- Was wissen wir bereits über die AI-Overviews von Google?
- Welche Quellen kommen in die AI-Overviews?
- Haben alle organischen Treffer die Chance, als AI-Quelle zu dienen?
- Sind für Google alle Quellen in den AI-Overviews gleich wichtig?
- Wie viele Quellen verlinkt Google eigentlich in einem AI-Overview?
- Wie verbreitet sind AI-Overviews in den Suchergebnissen mittlerweile?
- Führen AI-Overviews zu weniger Klicks auf Webseiten als bisher?
- Und jetzt? So solltest du dich auf die AI-Overviews in Europa vorbereiten
Googles Monopol in der Internetsuche schien lange unbesiegbar: Mit deutlich über 90 Prozent Marktanteil in der westlichen Welt, der Kontrolle über relevante Zugangstechnologien wie den Browser Chrome und das mobile Betriebssystem Android sowie lukrativen Deals mit Gatekeepern wie Apple und Firefox wurden alle Versuche von Wettbewerb in den letzten zehn Jahren im Keim erstickt.
Seit OpenAI Ende 2022 mit ChatGPT einen Durchbruch in der allgemeinen Nutzbarkeit von Generative Artificial Intelligence (GenAI) erzielt hat, sehen Herausforderer von Google neue Chancen. Microsoft ging früh eine enge Kooperation mit OpenAI ein, und Microsoft-Chef Satya Nadella fordert Google heraus: „I want people to know that we made them dance“, sagte er in einem Interview in Bezug auf die AI-Fähigkeiten von Bing und Google.
Während die mit AI-Features aufgewertete Bing-Suche die hohen Erwartungen in den letzten Monaten nicht erfüllen konnte (der Marktanteil von Bing ist weitestgehend stabil geblieben), tritt gerade die nächste Generation von AI-Suchmaschinen an: ChatGPT Search wurde vor wenigen Tagen gelauncht, und Perplexity konnte in den letzten Monaten deutlich an Nutzerinteresse gewinnen.
Beiden Suchmaschinen ist gemeinsam, dass sie einen anderen Ansatz als die bekannten „10 blauen Links“ von Google zur Beantwortung von Suchanfragen verfolgen: Sie nutzen die Stärke der Large Language Models in der Sprachverarbeitung und fassen Informationen aus verschiedenen Quellen zu einer umfassenden Antwort zusammen.
Doch ist das wirklich die Zukunft der Websuche? Prognosen von Marktforschungsunternehmen wie Gartner lagen in der Vergangenheit häufig daneben, etwa beim Thema Voice Search. Auf der anderen Seite gibt es derzeit eine hohe Unzufriedenheit mit der Qualität der Suchergebnisse bei Google, eine generelle Wechselbereitschaft und eine neue Technologie, die ein verbessertes Nutzererlebnis ermöglicht. Mögliche Szenarien:
- Es passiert nichts. Ähnlich wie bei Voice Search gibt es keine signifikanten Änderungen in der Nachfrage nach AI-Funktionen in der Suche und im Nutzerverhalten.
- ChatGPT oder Perplexity werden Marktführer. Die Wettbewerber können eine so deutlich bessere Sucherfahrung bieten, dass Nutzer in großer Zahl wechseln.
- Google baut die AI-Integration langsam, aber stetig aus. Die Gewohnheit der Nutzer und Googles Technologievorsprung reichen aus, um die Marktposition zu verteidigen, während schrittweise AI-Features integriert werden.
Aus meiner Sicht ist Szenario 3 derzeit am wahrscheinlichsten: Auch wenn Google aktuell in der Umsetzung von AI-Features nicht sonderlich souverän wirkt, hat der Suchmaschinengigant weiterhin einen großen Vorsprung und wird diesen wahrscheinlich auch zu nutzen wissen. Ein guter Zeitpunkt also, sich genauer mit den AI-Overviews von Google zu beschäftigen.
Was wissen wir bereits über die AI-Overviews von Google?
Google ist hinsichtlich der generellen Funktionsweise der AI-Overviews recht transparent. Im Gegensatz zum „normalen“ ChatGPT werden die Antworten in diesen Boxen nicht vollständig und frei aus dem Gesamtkorpus der AI erzeugt. Stattdessen erfolgt zunächst eine klassische Websuche und die Auswahl vertrauenswürdiger Quellen.
Erst dann kommt das AI-Sprachmodell zum Einsatz, das auf dieser Basis die Inhalte des AI-Overviews formuliert. Wenn man so will, wird AI hier also hauptsächlich als Frontend-Technologie eingesetzt, die bei der Darstellung der Ergebnisse unterstützt. Auch wenn wir davon ausgehen können, dass Google auch bei der eigentlichen Websuche (also dem Ranking) auf AI setzt, ist das wahrscheinlich bereits der Fall und hat für den Nutzer nur wenig direkte Auswirkungen.
Welche Quellen kommen in die AI-Overviews?
Um diese Aussage von Google zu überprüfen, haben wir zunächst untersucht, wie viele der Quellen aus den AI-Overviews auch in den traditionellen, organischen Ergebnissen der Websuche vorkommen. Da Google die AI-Overviews bislang nicht in Europa ausspielt, beziehen sich alle folgenden Auswertungen auf die Integrationen im Vereinigten Königreich. Die Ergebnisse sind eindeutig:
- Bei 37 % der Fälle kommen alle URLs aus dem AI-Overview auch exakt so in den Top-100-SERPs vor.
- Bei 62 % der Fälle sind alle Domains aus dem AI-Overview auch in den Top-100-SERPs vertreten.
- Bei 98 % der Fälle kommt mindestens eine URL aus dem AI-Overview auch in den Top-100-SERPs vor.
Es wird deutlich, dass Googles Aussage nachvollziehbar ist: Die Quellen der AI-Overviews basieren klar auf den organischen Treffern. Wer also in die AI-Overviews kommen möchte, muss zunächst organisch gut ranken.
Haben alle organischen Treffer die Chance, als AI-Quelle zu dienen?
Wir wollten herausfinden, ob Google alle Inhalte aus dem organischen Index als potenzielle Quelle für die AI-Overview-Box betrachtet oder ob die Suchmaschine dabei eine Vorauswahl trifft. Dafür haben wir analysiert, wie viele unterschiedliche Domains tatsächlich im organischen Index, in den Featured Snippets und in den AI-Overviews vorkommen:
- In den organischen Treffern der UK-SERPs sehen wir 18.404.705 verschiedene Domains.
- Bei den Featured Snippets sind es noch 491.606 unterschiedliche Domains.
- In den AI-Overviews werden aktuell nur 274.455 Domains zitiert und verlinkt.
Auch hier ist das Fazit klar: Google ist bei der Auswahl der Quellen für die AI-Overviews äußerst wählerisch. Nur Top-Domains haben eine echte Chance.
Sind für Google alle Quellen in den AI-Overviews gleich wichtig?
Die Möglichkeit, in den AI-Overviews als Quelle genannt zu werden, ist das eine; jedoch häufig dort aufzutauchen, ist eine ganz andere Sache. Daher haben wir im nächsten Schritt untersucht, wie oft einzelne Domains tatsächlich von Google als Quelle genannt werden. Wir haben alle dort gefundenen Domains absteigend nach der Anzahl der Keywords sortiert, für die sie in den AI-Overviews erscheinen. Hier eine Auswahl:
Pos. | Domain | Anzahl Keywords |
---|---|---|
1 | youtube.com | 329.924 |
2 | wikipedia.org | 329.276 |
3 | nih.gov | 191.096 |
4 | healthline.com | 159.688 |
5 | clevelandclinic.org | 147.102 |
6 | webmd.com | 119.280 |
7 | medicalnewstoday.com | 115.342 |
8 | study.com | 101.975 |
9 | mayoclinic.org | 101.970 |
10 | britannica.com | 86.084 |
... | ... | ... |
196 | texas.gov | 3.248 |
197 | spotify.com | 2.570 |
198 | netflix.com | 2.503 |
199 | ssa.gov | 1.945 |
200 | paypal.com | 1.791 |
Allein zwischen Platz 1, 10 und 200 fällt die Anzahl der Keywords massiv ab. Die Luft an der Spitze ist hier noch dünner als im organischen Index: Weniger Domains erhalten mehr Sichtbarkeit in den AI-Overviews. Der Wettbewerb wird also härter werden als bisher.
Wie viele Quellen verlinkt Google eigentlich in einem AI-Overview?
Ein großer Unterschied zwischen Featured Snippets und AI-Overviews ist, dass bei Featured Snippets nur eine Quelle zitiert und verlinkt wird, während Google in den AI-Overviews mehrere Quellen zusammenführt und entsprechend verlinkt. Wir wollten wissen, wie viele Quellen Google durchschnittlich in einem AI-Overview zitiert. Hier die Auswertung:
Gut zu sehen ist, dass in der Regel zwischen fünf und sechs unterschiedliche Quellen in den AI-Overviews verlinkt werden. Dass Google dort, wie bei den Featured Snippets, nur eine Quelle verlinkt, ist äußerst selten. Auch sind zehn oder mehr Quellenangaben eher die Ausnahme.
Wie verbreitet sind AI-Overviews in den Suchergebnissen mittlerweile?
Seit Google die AI-Overviews zuerst in den USA und dann in weiteren Ländern in den Suchergebnissen ausgerollt hat, messen wir ihre Verbreitung in SISTRIX. Leider gibt es noch keine Zahlen aus Europa, da Google sich noch zurückhält, die AI-Overviews hier auszurollen. Aus Großbritannien haben wir jedoch aktuelle Zahlen:
Während das Wachstum in den ersten Wochen recht rasant nach oben zeigte, hat es sich zuletzt etwas abgeschwächt und stagniert derzeit bei einem Wert zwischen drei und vier Prozent der Keywords. Wir behalten dies weiter im Auge und gehen davon aus, dass der Wert weiter steigen wird. Warum? Hier die Verbreitung von Featured Snippets und AI-Overviews im Vergleich:
Deutlich zu sehen ist, dass es einen Zusammenhang gibt: Wenn Google mehr AI-Overviews ausspielt, geht das zu Lasten der Featured Snippets. Das ist nicht überraschend, da beide SERP-Features denselben Such-Intent bedienen und AI-Overviews wahrscheinlich sowohl für Google als auch für die Suchenden in den meisten Fällen das bessere Ergebnis liefern.
Führen AI-Overviews zu weniger Klicks auf Webseiten als bisher?
Die große Frage, die die gesamte SEO-Branche beschäftigt, ist natürlich, welche Auswirkungen die AI-Overviews auf die Anzahl der Besucher der eigenen Webseite haben. Um das bewerten zu können, haben wir aktuelle Click-Through-Rate-Daten (CTR-Daten) aus Großbritannien für Featured Snippets und die AI-Overview-Integration gegenübergestellt. Die CTR gibt an, wie viel Prozent der Suchenden auf einen Treffer in den Suchergebnissen klicken. Hier zunächst die Werte für Featured Snippets:
Und hier im direkten Vergleich die Werte für AI-Overviews in Großbritannien:
Die Daten sind überraschend: Aktuell führen die AI-Overviews auf Position #1 zu mehr Klicks als Featured Snippets. Das stimmt zwar mit dem überein, was Google in letzter Zeit kommuniziert hat – doch ganz ehrlich, wer hätte Google bei diesem Thema schon getraut? Dass die Daten Google hier bestätigen, ist einerseits erfreulich, zeigt andererseits jedoch auch, dass wir in Europa keine Angst vor der Einführung der AI-Overviews haben müssen – zumindest nicht in der aktuellen Form.
Und jetzt? So solltest du dich auf die AI-Overviews in Europa vorbereiten
Zwar hat Google die AI-Overviews mittlerweile in über 100 Länder und für mehr als eine Milliarde Menschen ausgerollt, Europa bleibt aus vermutlich wettbewerbsrechtlichen Gründen bisher außen vor. Allerdings gehe ich davon aus, dass Google den wichtigen europäischen Markt nicht ewig ignorieren wird und auch wir bald in den Genuss dieser neuen SERP-Features kommen. Wie solltest du dich also darauf vorbereiten?
Um in den verschiedenen AI-Suchen vertreten zu sein, ist es zunächst wichtig, dass deine Domain überhaupt auffindbar ist – und dafür muss sie indexierbar sein. Während das bei Google kein großes Problem darstellt, da Google das Crawling geschickt hinter einem Useragent versteckt, sieht es bei Wettbewerbern wie ChatGPT, Perplexity und auch Bing anders aus: Diese Anbieter sind in vielen robots.txt-Dateien gesperrt. Auch wenn die Überlegungen dahinter nachvollziehbar sind, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken, ob dies weiterhin der richtige Weg ist.
Das erste „E“ in EEAT wird meiner Ansicht nach noch wichtiger: Expertise. Seit dem Durchbruch der AI können Suchmaschinen beliebig viel Mittelmaß erzeugen. Was jedoch weiterhin knapp und damit gefragt sein wird, ist einzigartiges Expertenwissen. Niemand braucht eine Zusammenfassung von fünf Testergebnissen aus dem Internet. Gefragt sind hingegen eigene authentische Fotos, Videos, Meinungen, Einschätzungen und Erfahrungen.
Auch wenn es mittlerweile fast schon wie ein Klischee klingt, gehört auch diese Empfehlung hierher: Werde eine Marke. In der Zeit der AI-Suche werden Links zunehmend durch Erwähnungen im semantischen Umfeld ersetzt. Erwähnt werden jedoch nicht mehr URLs, sondern Marken, Personen und allgemein bekannte Entitäten. Der Aufbau einer bekannten und beliebten Marke ist schwierig, teuer und aufwändig, aber aus meiner Sicht zunehmend alternativlos.