Seit gestern ist der „intelligente“ persönliche Assistent Google Now auch für iOS 5 und damit für schätzungsweise 500 Millionen iPhones und iPads verfügbar.
Google Now kann damit seine Reichweite deutlich erhöhen. Bisher lief der Dienst nur auf Android Smartphones mit Jelly Bean (Android 4.1 und 4.2). Jelly Bean ist auf etwa 25 Prozent der Android-Geräte installiert, was ungefähr 200 Millionen Geräten entspricht. Nun stehen mit einem Schlag in Summe ca. 700 Mio. Geräte bereit, die Google Now nutzen können.
Google weiß wo ich wohne
Gestern war ich sehr gespannt, was Google Now bietet, da ich von Freunden und Kollegen schon viel darüber gehört habe. Direkt beim ersten Aufruf der App und der einmaligen Eingabe meines Google-Kontos lieferte mir Google Now die Wetterdaten für Bonn. Ebenso werde ich darüber informiert, dass meine Fahrt vom Büro nach Hause voraussichtlich 22 Minuten dauern wird, da der Verkehr auf der B9 normal ist. Google weiß, wo ich wohne.
Heute morgen sagte mir dann Google Now noch vor der ersten Fahrt wie lange die Strecke bis zum Büro dauern wird. Google weiß also auch wo ich arbeite. Das ist noch keine Zauberei, da ich beide Adressen in meinem Google+ Profil hinterlegt habe. Ich bin gespannt, ob Google Now in den nächsten Tagen noch lernen wird, dass ich morgens vor der Arbeit unseren Sohn zuerst immer in den Kindergarten bringe und ihn am Samstags immer zum Hockey-Training fahre.
Sensoren für die Vermessung der Welt
Denn jedes aktive Gerät mit Google Now ist auch ein Sensor für die Vermessung der Welt. Mit den gesammelten GPS-Daten und Suchanfragen lassen sich die Online- und Offline-Welt in ganz neuen Dimensionen miteinander verknüpfen. Bisher hatte Foursquare in diesem Bereich die Nase vorne, was zu dem besten Bewertungssystem von Adressen führte, das ich bisher kenne. Google Places muss jetzt auch nicht mehr alleine auf Branchenbucheinträgen und Nutzerbewertungen vertrauen, die manchmal ein Fake sind, sondern kann die real durchgeführten Besuche an einem Standort messen.
Lokale Rankings durch Abstimmung mit den Füßen
Damit ließe sich ermitteln, ob Mitarbeiter tatsächlich morgens zu ihrem Arbeitsplatz fahren und den Tag dort verbringen. Einer Briefkastenfirma würden diese Signale fehlen. Google könnte aber auch messen wie viele Besucher einen Standort aufsuchen. Die Beliebtheit und Relevanz von Google Places könnte man durch eine „Abstimmung mit den Füßen“ messen. Wahrscheinlich kann man sogar die Öffnungszeiten einzelner Places einigermaßen genau schätzen. Ebenfalls ließe sich überprüfen, ob und wann ein Nutzer einen Standort tatsächlich besucht, nachdem er in den Suchergebnissen angezeigt wurde, oder ob der Nutzer die angezeigte Nummer angerufen hat. Mit diesen Informationen ist es möglich die Qualität des Suchergebnisses zu bewerten. Solche Signale lassen sich dann auch nicht mehr mit vertretbarem Aufwand faken. Grundsätzlich ist das zu begrüßen.
Zusammen mit Daten aus der Suche und Gmail sind aber auch noch ganz andere Analysen möglich. Google könnte herausfinden, welche Airlines wie viele Tickets verkaufen und wie viele Pakete Amazon verschickt, noch bevor die nächsten Quartalszahlen veröffentlicht werden. Die Vorstellung ist schon etwas gruselig. Google kann aber auch herausfinden, welche Places mich interessieren und damit Werbung zielgerichteter aussteuern. Anhand des Bewegungsprofils kann man wahrscheinlich sogar erkennen, ob sich jemand viel bewegt oder den ganzen Tag nur am PC sitzt. Eine Gesundheitsversicherung oder die Weight Watchers würden für ein solches Targeting sicherlich mehr Geld zahlen.
Zwei Seiten der Medaille
Allerdings bin ich ein Mensch, der von neuen Technologien immer fasziniert ist und eher die Möglichkeiten und weniger die Risiken betrachtet. Für den mahnenden Zeigefinger sind andere zuständig und ihren Stimmen sollte man bei den unglaublichen Möglichkeiten dieser Technologie unbedingt Gehör schenken. Was haltet Ihr von Google Now?
[Update I 30.04.2013 13:18h] Passend zum Thema das Google Patent „Native machine learning service for user adaptation on a mobile platform„, welches über 70 Seiten lang ist und drüben bei SEO by the Sea übersichtlich zusammengefasst wurde.
[Update II 02.05.2013 09:44h] Unter https://maps.google.com/locationhistory/ kann man sich die für das eigene Profil gespeicherten Google Now Geokoordinaten sowie Bewegungsprofile übersichtlich mit Kalender und Karte anschauen und verwalten. Auch die Löschung einzelner Datenpunkte oder aller Daten ist möglich.