IndexWatch 01/2022: Rolle Rückwärts beim Core Update?

Nach dem äußerst interessanten Jahresüberblick im letzten Monat ist es nun an der Zeit wieder eine kürzere Zeitspanne zu analysieren. Wir haben die Domains mit den größten Veränderungen in Sachen Sichtbarkeit bei Google Deutschland im Januar 2022 für Euch herausgesucht und dabei einige spannende Beobachtungen gemacht.

Gewinner im Januar 2022

Zunächst sehen wir uns die größten relativen Gewinner des Januars an. Hierbei betrachten wir nur Domains, die im Vormonat mindestens eine Sichtbarkeit > 1 aufwiesen.

In diesem Zeitraum gab es ungewöhnlich viele Domains mit starken Veränderungen im Januar: Eine Domain hat sich dabei mehr als verfünffacht und etwa 25 Domains konnten ihre Sichtbarkeit verdoppeln. Mehr als 100 Domains mit einer initialen Sichtbarkeit > 1 hatten Zugewinne von mehr als 50%, was es wahrlich nicht jeden Monat gibt.

Es gab zwar kein offizielles Update von Google, aber unser Google Update Radar wies im Januar mehrfach Werte über 5 auf, was auf starke Veränderungen der Suchergebnisse hin deutet. Sehen wir einen Wert von über 6, gehen wir auf Grundlage von Beobachtungen der Vergangenheit von einem relevanten Update des Google-Algorithmus aus, was wir am 28.1.22 eindeutig beobachten konnten. Es könnte also ein inoffzielles Update geben haben.

Schauen wir uns also die Domains größten Veränderungen genauer an, um herauszufinden, was passiert sein könnte:

+425% yably – Bewertungsaggregator startet durch

Mit yably.de startet ein neues Portal des bekannten Unternehmensverzeichnisanbieters cylex in den deutschen SERPs durch. Der Zuwachs im Januar war mit +425% wahrlich gigantisch. Die Domain schoß von 1,47 auf stolze 7,73 Punkte hoch.

Sieht man sich die Sichtbarkeitsentwicklung der letzten 2 Jahre an, fällt allerdings auf, dass es vor ziemlich genau 12 Monaten schon einmal zu einem massiven Sichtbarkeitszuwachs kam, der jedoch nur zwei Monate hielt. Es bleibt also abzuwarten, wie nachhaltig die Entwicklung ist.

Bei genauerem Blick fällt auf, dass yably offenbar die gleiche Unternehmens-Datenbank zugrunde liegt, die man bereits von cylex kennt. Zusätzlich durchforstet yably das Netz nach Bewertungen zu den Unternehmen.

Diese werden in aggregierter Form zusammengefasst und den Unternehmen zu Marketingzwecken in Form von Bewertungssiegeln und für die Einbindung von Sternebewertungen in den Suchergebnissen zur Verfügung gestellt.

Diese Strategie kennt man bereits von anderen Branchenbuch-Anbietern. So lagerte bespielsweise die 11880 Internet Services AG die gescrapten Bewertungen zunächst auf sein Portal werkenntdenbesten.de aus, das mittlerweile eine Sichtbarkeit von >38 erreicht hat. Mittlerweile findet man jedoch auch direkt auf 11880.com Auszüge von Bewertungen, die originär von cylex.de stammen.

Die gelbeseiten.de sind ein weiteres großes Branchenbuch, das Fremdbewertungen in Auszügen direkt auf der eigenen Seite integriert. Bei dasoertliche.de und dastelefonbuch.de hat man sich mit der GoLocal.de für eine eigenes Portal für die gescrapten Bewertungen entschieden, das aktuell bei 18,1 Sichtbarkeitspunkten liegt.

Im Grunde machen also alle Mitbewerber das Gleiche und es gibt wenig Innovationen in diesem Bereich. Eine wirklich aktive Community konnte keiner aufbauen. Stellt sich für mich die Frage, ob man damit erfolgreich ist:

Ein Blick auf die Keywords verrät, dass man außer zu Unternehmensnamen in Kombination mit Orten, wie „cinemaxx krefeld“, „bauhaus ensdorf“ oder „decathlon dresden“ kaum Rankings im generischen Bereich vorweisen kann. Sieht man sich die rankenden Verzeichnisse der Domain an, wird schnell klar, dass > 7,5 der 7,732 Sichtbarkeitspunkte von Unternehmensdetailseiten stammt.

Diese stellen neben den öffentlich verfügbaren Informationen des Unternehmens und den Bewertungen aus dem eigenen Branchenbuch in Volltext noch aggregierten Bewertungen dar, die man von Google-Maps, Facebook und weiteren Bewertungsportalen auslesen konnte.

Aktuell stammt die Sichtbarkeit also in erster Linie aus den Unternehmensnamen in Kombination mit dem Ort als Suchwort. Damit bekommt man zumindest Aufmerksamkeit der Marketingveranwortlichen und kann wahrscheinlich gut irgendwelche Marketing-Dienstleistungen verkaufen.

Eine echte Relevanz bei Suchenden hat das Portal jedoch nicht. Ein paar wenige Unternehmensdetailseiten ranken auch für ein paar nicht-kommerziellen Keywords wie „tierheim“ oder „zoo“. Lukrative generische Rankings auf den Kategorieseiten kann die Domain kaum vorweisen. Als ehemaliger Inhouse-SEO einer Arztsuche habe ich mir natürlich gleich die rankende Seite zum Keyword „psychiaterin münchen“ angesehen:

Diese bietet aus meiner Sicht wenig Differenzierungspotential und liefert keinerlei zusätzlichen Mehrwert für den Nutzer. Damit dürfte das Portal mittelfristig kaum Wettbewerbsfähig sein, insbesondere in Nischen mit Spezialanbietern wie der Arztsuche oder der Suche nach Restaurants, etc. Ich bin gespannt, wie lange die Domain dieses Sichtbarkeitsniveau halten kann.

+168,99% – foursquare.com mit Sichtbarkeitssprung

Auf Platz zwei der größten relativen Gewinner liegt mit foursquare.com ein weiteres lokales Bewertungs-Portal. Die Domain konnte innerhalb einer Woche von 12 auf > 35 Punkte wachsen:

Bevor wir hier die Inhouse-Abteilung für die gute SEO-Arbeit loben, schauen wir auch hier genauer hin!

Für die Sichtbarkeit sorgt Foursquares City Guide, der hauptsächlich für Unternehmensbezeichnungen rankt und einen massiven Sprung hingelegt hat. Also ein ganz ähnliches Muster wie bei yably.

Legt man die Sichtbarkeitsentwicklung beider Domains übereinander zeigt sich ein klares Bild: Hier gab es zu mindestens drei Zeitpunkten eine gleichzeitige Veränderungen beider Domains:

Dies deutet auf eine Umstellung hin, wie Google diese Art von Inhalten bewertet, oder Keywords aus dem Bereich in Sachen Nutzerabsicht bewertet.

Zwischen beiden Domains gibt es weitere Parallelen. Ähnlich wie auch bei yelp finden sich allerdings auf foursquare kaum aktuelle Beiträge, Bewertungen oder Fotos aus den letzten drei Jahren. In meinen Stichproben sah es eher so aus, als wäre jegliche Plattform-Aktivität mehr oder weniger eingeschlafen.

restaurantguru.com und speisekarte.menu schießen ebenfalls durch die Decke

Mit restaurantguru.com und speisekarte.menu konnte ich zwei weitere Domains mit dem selben Muster ausfindig machen. Diese konnten von 10,8 auf 23 (+113,15%) bzw. von 7,0 auf 14,6 um stolze 107,6% zulegen.

Im Verlauf sehen wir, dass alle vier vom Core Update im Dezember 2020 betroffen waren, Google diese Gewinne ein paar Wochen später jedoch wieder kassierte. Da es im Januar nun einen ebenso sprunghaften Anstieg gab, der sogar noch stärker ausgefallen ist, liegt der Verdacht nahe, dass es vielleicht eine Modifikation am Core-Update-Mechanismus oder Datenupdate der zugrundeliegenden Daten gab:

Hier wird es spannend den weiteren Verlauf zu beobachten, ob die vier dieses mal ihre neu gewonnene Sichtbarkeit behalten, oder es wieder zu einer Korrektur kommt. Denn diese sind nicht gerade Musterbeispiele für einzigartige Inhalte, eine besonders hohe Nutzeraktivität oder gar steigende Popularität.

wetter.com scheint die Sonne aus dem …

Das Online-Wetterportal von ProSiebenSat.1 Media unter wetter.com konnte sich mit +74,24% zwar nicht ganz verdoppeln und liegt auf der Liste der relativen Gewinner nicht ganz vorne, aber bei einer Steigerung von 159 auf 277 Sichtbarkeitspunkte ist uns dieser Anstieg ein detaillierterer Blick wert und einer der größten Gewinner in absoluten Zahlen:

Ein Blick auf die Ranking-Verbesserungen zeigt, dass Domain bei sehr vielen suchvolumen-starken Keywords, bei denen man vorher schon sehr gut rankte, nun ganz nach vorne geschoben wurde.

Dabei fragt man sich natürlich sofort, wer diese Spitzenpositionen abgeben musste und dementsprechend an Sichtbarkeit verloren hat. Ein Blick auf die Liste der größten absoluten Verlierer zeigt Domains wie kachelmannwetter.com, wetteronline.de und donnerwetter.de mit signifikanten Verlusten, aber keinen Totalausfall in dieser Nische. Die RTL-Tochter wetter.de zeigt sich von der Marktbewegung unbeeindruckt:

Ein Grund könnte eine Veränderung auf Seiten Googles sein, die das Handling von Mehrfachtreffern im Januar (nur für Mobile SERPs) geändert haben. Diese Änderung haben wir im Parser dann entsprechend abgebildet: https://status.sistrix.net/incidents/15, was bei einigen Domains (mit vielen Mehrfachrankings weit oben auf der ersten Seite) zu Verschiebungen geführt hat.

Vielleicht hat einer unserer Leser weitere Insights und kennt die Ursache des rasanten Anstiegs bei wetter.com. Bei einer flüchtigen Prüfung konnte ich zumindest keine offensichtlichen Gründe identifizieren…

bmj.de – Ein Ministerium wird erneut umbenannt

Zum Beginn des neuen Jahres wurde das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wieder in Bundesministerium der Justiz umbenannt. Erst im Jahr 2013 um den Bereich Verbraucherschutz erweitert und in Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) umbenannt.

Nun wurde die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz im neuen Kabinett Scholz auf das Umweltministerium übertragen und das Ministerium wieder als Bundesministerium der Justiz (BMJ) unter bmj.de geführt.

Sieht man sich die Sichtbarkeitsentwicklung beider Domains an, zeigt sich, dass dieser Vorgang offenbar noch nicht vollständig abgeschlossen ist, oder etwas im Sinne der Suchmaschinenoptimierung schief gelaufen ist:

Eine Überprüfung zeigt, dass die alte Domain https://bmjv.de/ korrekt via 301-Weiterleitung auf https://www.bmj.de/ weiterleitet. Von dort geht es allerdings mittels 302-Weiterleitung auf die Startseite unter https://www.bmj.de/DE/Startseite/Startseite_node.html.

Jedoch gibt es noch etliche URLs mit Rankings der Domain bmjv.de, die offenbar noch nicht auf die Domain bmj.de übertragen wurden. Zwar leiten diese korrekt mittels 301-Weiterleitung um, ranken jedoch immernoch unter der alten Domain, wie beispielsweise https://www.bmjv.de/DE/Service/Formulare/Formulare_node.html oder auch https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Vorsorgevollmacht.pdf?__blob=publicationFile&v=20.

Vielleicht braucht Google hier schlicht noch eine Weile, bis man der permanenten Weiterleitung vertraut.

Verlierer im Januar 2022

Kommen wir nun zu den größten Verlierern im Januar. Auch hier stellen wir eine Menge Bewegung fest. Rund 50 Domains haben die Hälfte ihrer Sichtbarkeit verloren. Eine Domain hat gar einen Totalverlust erlitten, was in diesem Fall jedoch an einer unternehmerischen Entscheidung liegt und nicht an einem SEO-Fehler oder einer Penalty.

onlinekosten.de – Verifox beerdingt weitere Domain

Die Domain mit dem einzigen Totalverlust im Januar ist mit onlinekosten.de ein alter Wegbegleiter aus meiner SEO-Karriere.

Im Jahr 1998 war das Projekt unter der Domain flatrate.de gestartet, als die ersten Telefon-Flatrates aufkamen. In den kommenden Jahren entstand unter der Domain onlinekosten.de ein Online-Portal rund um den neuen Internet-by-Call-Markt, das 2000 von der intergenia AG übernommen und ein paar Jahre später zu unrühmlicher Bekanntheit im sogennanten Bloggergate gelangen sollte.

Damals wurde bekannt, dass man nach der Übernahme des meistverlinkten Blogs deutschlands, BasicThinking.de dessen Bekanntheit und Popularität nutzte, um ein Netzwerk aus Blogs zur Vermarktung nicht-gekennzeichneter Schleichwerbung in Form von Backlinks aufbaute.

Ein paar Jahre später übernahm die Verivox-Tochter i12 GmbH schließlich die Domain und man entschied sich dort nun eine ganze Reihe von akquirierten Projekten und Domains, beispielsweise TopTarif.de, still zu legen, worunter offenbar auch onlinekosten.de fiel. Obwohl die Domains mit 8 bzw. 14 Punkten zwar noch enorme Sichtbarkeit aufwiesen, entschied man sich, warum auch immer, nicht für eine Weiterleitung oder einen Verkauf.

Aus SEO-Sicht absolut unverständlich. Man sieht im Verlauf, dass beide Projekte offenbar bereits Anfang 2020 mehr oder weniger aufgegeben wurden und sich seit dem auf dem absteigen Ast befanden:

Jedem SEO dürfte das Herz bluten, wenn man bedenkt, was man aus einer solchen Domain noch heraus holen könnte… so geht es mir mit base.de ebenfalls – einfach schade.

„Haustier-Anzeiger“ in „Deine Tierwelt“ integriert

Der Trend geht offenbar auch 2022 zur Domain-Integration. Im letzten Jahr hatten wir einige Integrationen bei der Apotheken Umschau gesehen, nun hat man sich offenbar auch bei Deine Tierwelt dazu entschieden die bisherige Partnerseite vollständig zu integrieren. Auf haustier-anzeiger.de befand sich bereits der Hinweis „powered by Deine Tierwelt“ und nun werden sämtliche URLs auf deine-tierwelt.de weitergeleitet.

Wie auch bei bmjv.de hat die weitergeleitete Domain noch nicht sämtliche Rankings verloren. Offenbar braucht Google aktuell etwas länger, aber das Ziel der Weiterleitungen konnte bereits etwa 10% Sichtbarkeit zulegen (von 30 auf 33):

Verhungert dentolo im Konzern?

Sieht man sich den Sichtbarkeitsverlauf des ehemaligen Insurtech-Start-ups unter dentolo.de an, könnte man als SEO mit Herz ebenfalls feuchte Augen bekommen. Nach dem Start im Jahr 2016, einer 3 Millionen-Seed-Finanzierung Mitte 2017 und dem kometenhaften Aufstieg auf stolze 13 Sichtbarkeitspunkte Anfang 2018 stagnierte die Domain und dümpelte zwei Jahr vor sich hin. Seit der Übernahme des Unternehmens durch den Versicherungskonzern Zurich ging es langsam aber stetig mit der Sichtbarkeit bergab, auf nun nur noch 2 Sichtbarkeitspunkte:

Ob man es mit dem SEO zu Wachstumszeiten übertrieben hatte, oder im Konzern niemand mehr ernsthaft mit dem SEO der Domain beschäftigt ist, lässt sich von außen schwer beurteilen. Trotz einiger Spam-Links und einem unnatürlichen Linkwachstum mit etlichen Spam-Links, will ich nicht so recht an eine Penalty glauben. Dafür ist der Abstieg nicht abrupt genug. Im Ratgeber-Bereich wird nach wie vor fleißig publizert, also komplett eingeschlafen ist man offenbar auch nicht.

Ein Blick auf die Liste der Keywords, die für die größten Sichtbarkeitsverluste verantwortlich sind zeigt, dass die Domains zahlreiche Platz 1 Positionen zu sehr suchvolumenstarken Keywords verloren hat:

Ich würde also davon ausgehen, dass das Brand-Building seit der Integration in den Konzern gelitten hat. Nach der Übernahme konnte ich zumindest keinerlei Pressearbeit mehr feststellen.

Vielleicht wird seit dem auch nicht mehr ernsthaft an den Inhalten gearbeitet und nur noch Content eingekauft und online gestellt, ohne die Nutzersignale im Auge zu behalten und vorhandene Inhalte zu verbessern und zu überarbeiten?

Camperdays als falscher Gewinner?

Wie gewonnen, so zerronnen? Beim Sichtbarkeitsverlust der Domain camperdays.de im Januar sieht es stark nach einer Korrektur des Google Core Update aus dem November 2021 aus. Nach dem Anstieg im November kehrt die Domain auf die Ausgangslage vor dem Update zurück:

Doch das ist nicht die einzige Domain, die ein Verhalten in dieser Richtung zeigt…

Korrigiert Google sein Core-Update?

Sieht man sich die Liste der größten Gewinner und Verlierer in absoluten Zahlen im Januar an, könnte man den Eindruck bekommen, Google hätte unseren Jahresrückblick (Gewinner 2021 & Verlierer 2021) gelesen und eine gewaltige Rolle rückwärts vollzogen!

Die Dickschiffe in Sachen Sichtbarkeit, wikipedia.org und amazon.de haben im Januar sämtliche Verluste aus dem vergangen Jahr auf einen Schlag zurück erhalten und sind damit die, mit Abstand, größten Gewinner in absoluten Zahlen:

Besonders verdächtig kommt mir das Ganze vor, weil gleichzeitig die konzerneigene Domain youtube.com gewaltig Federn lassen musste:

Es sieht für mich also in Tat so aus, als hätte Google deutliche Korrekturen an den Updates des vergangenen Jahres vorgenommen, ohne diese explizit anzukündigen oder zu erklären.

Damit wünsche ich Euch einen tollen Start in ein hoffentlich erfolgreiches SEO-Jahr 2022!

Happy Ranking,

Euer Kai

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