Wie t3n letzte Woche berichtete, bietet die Akademie für Fortbildung in Suchmaschinenoptimierung (afs-Akademie) zukünftig ein Qualitätssiegel für SEO-Agenturen an. Das Zertifikat ist jeweils 12 Monate lang gültig und kostet abhängig vom Umsatz der Agentur zwischen 990 EUR und 2.999 EUR.
Bei Facebook ist diese Ankündigung grösstenteils auf heftige Kritik gestoßen. Seit dem Weggang des Mitgründers Gerald Steffens, wird über das Geschäftsgebaren der afs-Akademie in der SEO-Szene vermehrt diskutiert. Ein anschauliches Beispiel für Kritik ist der über ein Affiliate-Programm eingebundene Kreditrechner auf der Website der Akademie, der Interessenten die Finanzierung des 4.900,- EUR teuren Studiums ermöglichen soll. Solche Handlungen werfen Fragen bezüglich der Gewichtung der Gewinnmaximierung gegenüber der Vertrauenswürdigkeit auf.
Mit dem Ausscheiden von Gerald, der in der Gründungsphase der afs für viel Goodwill in der SEO-Szene gesorgt hatte und für einen hohen Qualitätsanspruch stand, und den damit verbundenen Umständen verabschiedeten sich auch viele Top-Referenten wie Jens Fauldrath von der Akademie.
Es stellt sich die Frage, ob die afs noch die Integrität und das notwendige SEO-Know-how besitzt, um ein vertrauenswürdiges SEO-Qualitätssiegel zu vergeben, oder aber finanzielle Interessen im Vordergrund stehen, und jetzt die (kostenlosen) Leistung und Vertrauenswürdigkeit der (ehemaligen) Referenten zu Markte getragen werden.
Unabhängig davon wie man zu dieser grundsätzlichen Frage steht, lohnt sich ein Blick auf die Bewertungskriterien der aufs für die Vergabe des neu geschaffenen Zertifikats.
- Kopie des Handelsregistereintrags / Gewerbeeintrag
- Nachweis vom Steuerberater über den jährlichen SEO-Umsatz des letzten Geschäftsjahres gemäß nachfolgenden Kategorien (Testat):
- Start-Up/Einzelunternehmer: 25-50 T€
- Kleinunternehmen: 50-100 T€
- Mittelstand I: 100-200 T€
- Mittelstand II: 200-300 T€
- Mittelstand III: 300T-1 mio€
- Pre-Open Class: 1-2,5 mio€
- Open Class: ab 2,5 mio€
- Nachweis vom Steuerberater über den jährlichen SEO-Umsatz des letzten Geschäftsjahres gemäß nachfolgenden Kategorien (Testat):
- Unterschriebene Selbstverpflichtung der seriösen Suchmaschinenoptimierung der afs-Akademie
- Angabe von mindestens einem Kundenprojekt
- Domain
- Kundenauftrag / Zielvorgabe
- Projektdurchführung
- SEO-Maßnahmen
- Ergebnis
- Angabe von mindestens einem Kundenprojekt
- Nachweis der SEO-Qualifikation
- via unterzeichneter Vita
- von mindestens einer aktiven Leitungsposition und einer aktiven Mitarbeiterposition
- Bei Einzelunternehmer (Nachweis der eigenen Qualifikationen)
- Angabe von SEO-Qualifikationen (afs-Zertifikat, weitere wichtige SEO-Auszeichnungen, Werdegang, Aus- und Weiterbildungen, Berufserfahrung, Vorträge auf Messen, Referententätigkeiten, uvm.)
Nachweise der o.g. Angaben oder ergänzendes Material
- Nachweis der SEO-Qualifikation
- Marktrecherche (so weit Informationen auffindbar)
- Reputation / Vorträge / ext. Aktivitäten
- Eigenleistung inhouse
- SEO
- Projekte / Produkte
- Website / Auftritt
Wie bei den meisten SEO-Zertifikaten trifft man auf das Problem, dass grundsätzlich vorhandenes Know-how den Kunden einer SEO-Agentur nicht automatisch eine gute Beratung garantiert. Die Prüfung eines einzigen (Vorzeige-)Projektes kann unmöglich stellvertretend für die Qualität der Dienstleistung gegenüber allen Kunden stehen.
Die Eignung Kunden bei der Auswahl einer SEO-Agenturen vor Fehlentscheidungen zu schützen kann aber nur der Sinn eines Qualitätssiegels sein.
Es besteht auf Kundenseite eine große Nachfrage nach schnellen, einfachen und günstigen SEO-Lösungen. Oftmals können die Kunden aber nicht die Qualität und Auswirkung der angebotenen SEO-,Maßnahmen beurteilen. Selbst bei großen Namen und viel Know-how besitzt nicht jeder SEO-Dienstleister die ethische, moralische und finanzielle Stärke auf so ein lukratives Zusatzgeschäft zu verzichten. Insbesondere im Linkaufbau werden dann allzuoft wider besseren Wissens Links verkauft, die gegen die Richtlinien von Google verstoßen und mittelfristig wahrscheinlich dem Kunden eher schaden als nutzen werden.
Um so mehr braucht es eine Instanz von hoher Integrität, um die Qualität von Anbietern in der SEO-Branche vertrauenswürdig prüfen zu können. Die prüfende Instanz steht immer vor dem Zielkonflikt, dass negative Prüfergebnisse den eigenen Umsatz und Gewinn schmälern. Auch wenn die Prüfinstanz unabhängig vom Ergebnis vergütet wird, lassen negative Prüfergebnisse den Umsatz mit Prüfsiegeln schnell sinken, da sich bei hohen Qualitätsstandards weniger Agenturen um das Siegel bewerben werden. Dieser Zielkonflikt ließe sich eigentlich nur lösen, in dem die Prüfinstanz wiederum durch ein weitere und unabhängige Institution überprüft wird.
Im konkreten Fall der afs kommt hinzu, dass der Hauptakteur der afs-Akademie für Fortbildung in Suchmaschinenoptimierung GmbH selbst eine SEO-Agentur betreibt. Welche SEO-Agentur will sich von einem Wettbewerber prüfen und in die Bücher, Prozesse und Kundenlisten schauen lassen?
Was denkt Ihr über das neue Agenturzertifikat der afs-Akademie und über SEO-Qualitätssiegel im Allgemeinen?