Ich hatte die letzten Tage Gelegenheit, mich durch eine Einladung von Jimmy Wales bereits etwas mit der Alphaversion von Search Wikia zu beschäftigen. Aufgrund der Bitte, erst nachdem Search Wikia am heutigen Montag in die öffentliche Betaversion überführt wurde, über das Thema zu bloggen, kann dieser Blogbeitrag leider erst jetzt erscheinen. Seit Wales vor gut einem Jahr angekündigt hat, eine eigene Suchmaschine auf die Beine zu stellen, hat er weltweit für ein massives Presseecho gesorgt. Damals noch unter dem Namen „Wikiasari“ wurde vielfach bereits der bevorstehende Untergang von Google angekündigt. Über ein Jahr hat die Entwicklung der ersten vorzeigbaren Betaversion gedauert, Zeit sich den künftigen Googlebezwinger genauer anzusehen.
Ein erster Eindruck
Die Startseite von Search Wikia ist ähnlich aufgeräumt wie die von Google, hier scheint man sich deutlich am Marktführer orientiert zu haben: ein Eingabefeld sowie der „Go“-Button. Nach Eingabe des Suchbegriffes geht es in die Ergebnislisten (SERPs „Suchmaschinenoptimierung“). Wie auch sonst üblich, werden die ersten zehn Treffer direkt angezeigt, weitere werden nach Bedarf dynamisch nachgeladen – eine Lösung, die ich schon mal bei Microsoft gesehen habe. Hier wird auch schnell deutlich, dass sogar die Bezeichnung als „Alpha“ in Wahrheit noch ein Euphemismus ist – sowohl Qualität als auch Quantität der Ergebnisse liegen deutlich hinter vielen Suchmaschinen, die als Hobbyprojekt betrieben werden zurück. Einen Vergleich mit Microsoft, Yahoo oder gar Google will ich hier aus Gründen der Höflichkeit gar nicht erst ziehen. Rund 10.000 Treffer zum Suchbegriff „Suchmaschinenoptimierung“ (Google hat 600.000) sowie eine Seite wie diese auf Position 1, erinnern eher an das bei Fireball im letzten Jahrtausend erfolgreiche Keywordstuffing als an den künftigen Googleherausforderer 2008. Und die soziale Komponente, auf die soviel Hoffnung gesetzt wurde? Im Prinzip besteht sie aus einem simplen sozialen Netzwerk: Angaben zur Person machen, mit Freunden verknüpfen und Bilder hochladen. Wenn man nun eingeloggt ist, kann man über die Ergebnisse diskutieren, oberhalb des ersten Treffers einen „Mini“ genannten, kurzen Text in das interne Wikisystem schreiben und sich mit seinem Profilphoto rechts der Ergebnisse anzeigen lassen. Eine Möglichkeit, auf die Ergebnisse Einfluß zu nehmen besteht nicht. Das wars, wirklich.
Die Technik
Search Wikia baut auf zwei bekannten Projekten auf, um seinen Suchindex zu erstellen. Durch den Kauf der Distributed-Crawling-Technik „Grub“ von Looksmart für 50.000 US-Dollar Mitte des Jahres, versucht Wikia den Crawlvorgang auf viele Rechner freiwilliger Mitstreiter zu verteilen. Eine Lösung, die früher nicht funktioniert hat und die, wie ich glaube, auch jetzt nicht funktionieren wird. Zum einen ist Bandbreite heute kein limitierender Kostenfaktor mehr, als dass man den deutlich erhöhten Verwaltungsaufwand deswegen rechtfertigen kann. Zum anderen ist somit potentieller Manipulation Tür und Tor geöffnet – Cloaking direkt bei der Übermittlung der Daten an die Suchmaschinen ist praktischer, als die jetzigen Wege. Bezeichnend auch, dass nicht einmal darauf geachtet wurde, den Grub-Useragent gegen einen eigene und neuen auszutauschen. So findet man die Zugriffe von Search Wikia auch im Dezember 2007 als „Grub/2.0 (Grub.org crawler; http://www.grub.org/; bot@grub.org)
“. Die durch die Grub-Clients zusammengetragenen Daten werden in ein Format gebracht, das Nutch, eine auf Lucene aufbauende, offene Suchmaschine lesen und durchsuchen kann. Die Grundzüge von Nutch kommen auch derzeit noch an allen Ecken und Enden der Suchmaschine durch. So scheint nicht mal an den Default-Ranking-Faktoren von Nutch gearbeitet worden zu sein – zu stark ist sowohl bei Nutch als auch bei Search Wikia der Rankingvorteil, wenn das Keyword in der URL vorkommt. Auch die Cacheversion sowie die „Erklärung“ des Rankings sind direkt von Nutch übernommen.
Wie will man das vorliegende Ergebnis nun beurteilen? Wohlwollend könnte man Search Wikia viel Potential für Verbesserungen attestieren. Wenn man allerdings bedenkt, dass die Entwickler an der vorliegenden Version ein ganzes Jahr gearbeitet haben, so möchte ich nicht extrapolieren, wann damit gerechnet werden kann, dass einen Variante vorliegt, die in ernsthafter Konkurrenz zu bestehenden Suchmaschinen treten kann. Vielleicht hätte der Gründer besser daran getan, nicht bereits vor einem Jahr den Untergang von Google anzukündigen, sondern in Ruhe und unter Ausschluss der fordernden Medien eine wirkliche Alternative zu entwickeln – in Search Wikia sehe ich jedenfalls in absehbarer Zeit keinen „Google Killer“.