Was wäre ein SEO-Blog ohne eine hinreichend qualifizierte Vorschau auf die erwarteten Entwicklungen im kommenden Jahr? Genau! Bevor die Qualität hier also zu stark steigt, will ich mich auch daran versuchen und mögliche Trends und Erwartungen für das SEO-Jahr 2011 aufschreiben. Stichpunktartig hatte ich das vor einigen Tagen bereits für T3N gemacht, hier möchte ich es etwas ausführlicher und SEO-Vokabular-lastiger halten. Also: ab hier reine Spekulation.
Google jagt den Social Graph
Die Einbeziehung des „Social Graph“ in das Ranking wird im kommenden Jahr eines der Hauptthemen für Google sein. Dabei werden wir noch nicht so stark die Umsetzung sehen, sondern den Versuch Googles beobachten können, erst mal an die zugrundeliegenden Daten zu kommen. Für den Konkurrenten Facebook ist das recht einfach, dort man hat durch die web-weite Einführung des „Gefällt mir“-Buttons eine solide Datenbasis, bei Google sieht es da noch etwas mau aus. Erste Versuche in diese Richtung gibt es allerdings bereits: das Google Sitewiki kann helfen und in der US-Version von Google News gibt es schon die Möglichkeit, für Artikel abzustimmen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Google das Thema nicht so offensichtlich angeht, sondern diese Daten eher „passiv“ sammelt: wenn jemand einem Freund einen Artikel empfiehlt, der über GMail läuft, der Google-eigene URL-Shortener könnte seinen Teil beitragen und auch die Cookieschleudern von AdSense/Doubleclick können durch ihr sehr weitreichendes Usertracking helfen. Diese und weiteren Datenquellen kombiniert mit den zahlreichen Accountdaten der Googledienste dürften eine solide Datenbasis für Empfehlungen auf Basis des Social Graph bieten.
Google wird Konkurrent
Für das kommende Jahr erwarte ich, dass Google in den USA in eines der großen „Verticals“ einsteigt: Immobilien oder Reisen scheint mir aufgrund der Zukäufe und Präsenz auf Branchenveranstaltungen in den letzten Jahren am wahrscheinlichsten. Dabei wird Google nicht unbedingt eines der bestehenden Produkte nachbauen, sondern die eigene Stärke nutzen: riesige Datenmengen schnell und sinnvoll auszuwerten. Die Integration in die Universal Search wird am Anfang eher zurückhaltend erfolgen; man will die Kartellwächter nicht so direkt vor den Kopf stoßen. In Deutschland wird vermutlich noch nichts in diese Richtung passieren, hier beschränkt Google sich auf das weitere Sammeln von strukturierten Daten um für die Zukunft die passende Datenbasis zu haben.
Auswirkungen von Google Caffeine
Bislang habe ich nicht das Gefühl, dass Google die Möglichkeiten, die sich durch das Infrastruktur-Update „Caffeine“ bieten, so richtig genutzt hat. Vermutlich wollte man erst mal testen, wie solide die neue Basis ist – dass im Herbst der Crawling-Vorgang mal über eine Woche unterbrochen war, zeigt, wie richtig dieser Schritt war. Im kommenden Jahr wird das System aber stabil laufen und Google kann neue Signale, die bislang unmöglich waren, in den Algorithmus einrechnen. Gerade Realtime-Berechnungen scheinen mir dafür prädestiniert. Eine enge Verknüpfung mit der Nutzung des Social-Graph könnte hier sinnvoll sein.
Intelligente Suchvorschläge
Dass Googles Wunderweib Marissa Mayer seit einiger Zeit sowohl den Websuche- als auch den Mobile-Search-Bereich verantwortet, ist kein Zufall: Google möchte diese beiden Bereiche enger verzahnen und die mobile Suche somit einfacher und benutzerfreundlicher gestalten. In einigen Interviews in diesem Jahr hat man bereits rausgelesen, dass man für die mobile Suche neue Wege gehen möchte. Es wird kein Keyword mehr eingegeben, sondern ein selbstlernender Algorithmus errät möglichst passend anhand des Nutzerprofils, was diesen Google-Nutzer an der aktuellen Geo-Position gerade interessieren könnte. Wurden zum Beispiel in Google Products die Preise von Rasenmähern vergleichen, so könnte einen das Handy darauf hinweisen, dass im naheliegenden Baumarkt das gewünschte Modell gerade preiswert vorrätig ist. Vielleicht nimmt Google Checkout im Zuge dessen auch endlich mal etwas Fahrt auf.
Facebook und Google
Google und Facebook, so unterschiedlichen sie auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, haben doch ein überraschend ähnliches Geschäftsmodell: lerne möglichst viel über Deine Nutzer und Verkaufe dann passende Werbung. Hat es in diesem Jahr schon mal kleinere Reibereien gegeben (man denke an den Export der GMail-Kontakte in Facebook, die Google mittlerweile unterbindet), wird die Rivalität im kommenden Jahr stärker zutage treten. Vielleicht kracht es auch mal etwas öffentlicher.
Soweit meine Kaffeesatzlesefähigkeiten, ich bin gespannt, wie viele der Punkte Ende 2011 halbwegs zugetroffen sind. Schau ich mir die Vorhersagen von letztem Jahr an, hatte ich offenbar Glück.