Ikea.com hat in den letzten Tagen massiv Sichtbarkeit in den Google-Suchergebnissen verloren. In diesem Blogbeitrag analysieren wir gemeinsam, wie es dazu kam und welche Lehren wir aus dem Rankingverlust ziehen können.
Was ist passiert?
Von einem Höchststand mit 163 Sichtbarkeitspunkten am 15.08.2022 auf nur noch 55 Punkte am 05.09.2022: Zwei Drittel der Sichtbarkeit von Ikea.com ist in wenigen Wochen verloren gegangen.
Da es in diesem Zeitraum (in Deutschland) kein großes Google-Update gab und andere, vergleichbare Domains von so einem starken Verlust von Sichtbarkeit nicht betroffen waren, liegt die Ursache mutmaßlich nicht im Marktumfeld oder bei Google begründet, sondern bei der Webseite selbst.
Mit welchen Analysen finden wir die Ursache?
Um zu verstehen, wieso Ikea.com so stark an Sichtbarkeit verloren hat, schauen wir uns in einem ersten Schritt verlorene Keywords beziehungsweise Rankings in dem betreffenden Zeitraum an:
Auf den ersten Blick fällt auf, dass es hauptsächlich generische Keywords betrifft: “bürostuhl” und nicht “bürostuhl ikea”, “sofa” und nicht “sofa von ikea”. Die Domain hat folglich gerade bei wettbewerbsintensiven Keywords Rankings eingebüsst, bei denen Google ausreichend viele Alternativen hat.
Schauen wir uns das erste Keyword, also “bürostuhl” im Detail an. Hier siehst du den täglichen Rankingverlauf für dieses Keyword (Deutschland, Mobile) und die Domain Ikea.com:
Ikea hat über viele Monate zuverlässig in den Top10 gerankt, in den letzten Monaten und Wochen sogar fast durchgehend auf Position 1 oder 2. Vom 28. auf den 29.08. ging es dann jedoch von Platz 1 auf Platz 97 abwärts.
Die Tabelle unter dem Chart liefert direkt einen Hinweis auf die Ursache: seit dem 29.09. rankt nicht mehr die ursprüngliche URL, sondern eine andere Seite auf der Domain. Dieser URL-Wechsel passt zeitlich exakt mit dem Rankingverlust zusammen.
Ikea liefert Inhalte für alle Sprachen auf der gemeinsamen Webseite Ikea.com aus. In der ersten Verzeichnisebene wird dann nach Land unterschieden (/de/ für Deutschland, /ch/ für die Schweiz, /at/ für Österreich), in der zweiten Verzeichnisebene nach Sprache – hier in allen drei Ländern jeweils Deutsch.
Um unsere Beobachtung nicht nur mit diesem Einzelfall zu begründen, vergleichen wir im nächsten Schritt die Sichtbarkeitsindizes dieser drei Verzeichnisse, also die Summe für alle URLs, mit denen diese Verzeichnisse ranken – jeweils in Deutschland:
Die Entwicklungen bestärken unseren Verdacht: während das Verzeichnis für Deutschland massiv an Sichtbarkeit verloren hat, sind die Version für Österreich und die Schweiz leicht angestiegen. Wie wir beim Einzelfall für “bürostuhl” bereits sehen konnten, ranken die anderen Länderversionen nicht annähernd so gut wie das “Original”.
Was ist vermutlich vorgefallen?
Jetzt, da wir einen ersten Ansatzpunkt für die Ursachen des Rankingverlusts haben, geht es an die Ursachenfindung: was ist passiert, dass die Inhalte der deutschen Ikea-Webseite bei Google nicht mehr ranken und mehr schlecht als recht durch die Seiten aus Österreich/der Schweiz ersetzt werden?
Zuerst rufen wir dafür die ursprünglich rankende URL aus Deutschland in unserem Browser auf. Der Befund ist erstmal unauffällig: die Seite ist weiterhin unter dieser URL zu erreichen. Es gibt keine Weiterleitung, auch die HTTP-Header sehen korrekt aus.
Das Problem muss also eine andere Ursache haben. Im nächsten Schritt schauen wir uns die gecachte Version der Webseite bei Google an. Durch eine Suche nach “cache:https://www.domain.de/genaue-url” erhält man die Cache-Kopie von indexierten Seiten bei Google:
Das Ergebnis überrascht erstmal:
Um auszuschließen, dass es ein generelles Problem mit den Cache-Kopien für diese Webseite gibt, probieren wir die gleiche Suche erneut, jedoch mit der URL von der schweizerischen Ikea-Version:
Hier entspricht das Ergebnis unseren Erwartungen: Google zeigt uns eine frische Version (von heute!) der Webseite, wie sie bei Google indexiert wurde und jetzt auch aufrufbar ist:
Wir nehmen mit: die ursprüngliche URL, die bis letzte Woche noch auf Position #1 bei Google für das Keyword “bürostuhl” gerankt hat, ist aktuell gar nicht mehr in Google vertreten. Kein Wunder, dass die nicht mehr rankt.
Wie geht es weiter? Zum Glück hat Google noch weitere, mehr oder minder bekannte Suchoperatoren, die einem zu etwas Einblick in das Innenleben der Suchmaschine verhelfen. Nachdem cache: keine Ergebnisse gezeigt hat, versuchen wir es jetzt mit info:
Was sehen wir? Als ersten Treffer für diese Suche zeigt Google fast die URL an, die wir suchen. Sie liegt nur leider nicht auf www.ikea.com, sondern auf m2.ikea.com. Die Cache-Version dieser Seite stammt vom 29.08. – passt also zeitlich gut mit dem Ranking-Absturz zusammen. Direkt danach, als zweitbesten Treffer zeigt Google dann übrigens die CH-Version der Webseite.
Rätsel gelöst? Was passiert ist
Wir haben jetzt durch ein paar schnelle Analysen in SISTRIX und direkt bei Google eine ziemlich gute Theorie dazu, was passiert ist: gegen Ende des letztens Monats hat das CMS von Ikea.com die Inhalte nicht nur unter www.ikea.com, sondern mindestens zusätzlich auch unter m2.ikea.com zur Verfügung gestellt.
Google hat die Inhalte unter beiden URLs gefunden und sich dann entschieden, dass die m2.ikea.com-Version die kanonische Hauptversion der Inhalte ist. Ich würde vermuten, dass Ikea den Google-Crawler vielleicht sogar auf diese Versionen weitergeleitet hat.
Nun hat Google zuletzt erst bestätigt, dass man unterschiedliche Subdomains (also www.ikea.com und m2.ikea.com) in der Regel als getrennte Webseiten betrachtet. Während die www-Version offensichtlich sehr stark von Google-Vertrauen profitiert hat, war das bei der m2-Version nicht gegeben.
Dass der Canonical-Tag auf der m2-Version der Webseite weiterhin auf die www-Version der Seite zeigt, dürfte das Problem noch verschärft haben.
Ein weiteres Indiz, das diese Theorie unterstützt: die m2-Version der Webseite rankt bereits für zahlreiche Ikea-Markenkeywords sehr gut. Dort, wo Google keine sinnvollen Alternativen bereit hat, “reicht” das Vertrauen der m2-Webseite, für generische Keywords wie “bürostuhl” allerdings nicht.
Was wir daraus lernen können/müssen
Interner Duplicate Content ist weiterhin ein ernstzunehmendes Problem. Auch, wenn Google seit Jahren betont, dass sie Duplicate Content als kein großes Problem ansehen, zeigt uns dieses Beispiel von Ikea.com, wie gefährlich Duplicate Content weiterhin ist.
Gerade bei großen, komplexen Systemen die Inhalte über mehr als eine Subdomain ausspielen, gibt es eine Vielzahl von Abhängigkeiten und Zusammenhängen: Canonoical-Tags, Hrefslang-Implementationen, interne HTTP-Weiterleitungen, Mobile-Version der Webseite (m2 spricht etwas für die zweite Version der “m”-Version der Website).
Generell gilt, dass alle Fehler, die irgendwie möglich sind, im Laufe der Lebenszeit einer Webseite auch auftreten werden. Daher ist es wichtig, Komplexität möglichst direkt am Anfang zu reduzieren.
So schön Hilfsmittel wie der Canonical-Tag oder die Hrefslang-Möglichkeiten auch sind: sie sollten immer nur ein Notbehelf sein, wenn es überhaupt keine andere Möglichkeit zur Lösung von Problemen gibt.
Zusätzlich ist ein tägliches Monitoring wichtiger Keywords essentiell: nicht nur das Ranking selbst, sondern auch die rankenden URLs sollten überwacht werden. Gibt es hier ungeplante Verschiebungen, ist das ein guter Anlass, tiefer in die Analyse einzusteigen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.