Gönrgy, Gucci Cap und „Wo ist diese Woche Coca-Cola im Angebot“ sind nur drei Suchvolumen-Trends, die uns im Rahmen unserer Analyse der Visibility Leaders Retail 2024 begegnet sind. Datenjournalist Jens Schröder hat sie sich genauer angesehen.
Hallo und Willkommen zu einer Spezial-Ausgabe des SISTRIX-Newsletters “TrendWatch”. Diesmal geht es um Such-Trends im großen Feld des Einzelhandels. Mit dabei: Influencer-Getränke, Sonderangebote, Streetwear, Kaffeekapseln ohne Kapseln und Dauerbrenner-Marken.
Gönrgy
Noch vor 20 Jahren war der Gang in die Getränkeabteilung eines Supermarktes einfach: Man hatte die Auswahl aus einigen Bieren, bei den Softdrinks gab es zwei bis drei Hersteller. Heute ist alles anders. Die Bierbranche wurde durch die Craft-Beer-Szene aufgemischt und bei den süßen Getränken von Colas über Limonaden, Eistees bis hin zu Energy Drinks kämpfen inzwischen unfassbar viele Player um Marktanteile.
Neuerdings ist es auch in der Influencer-Szene in, ein eigenes Getränk in den Handel zu bringen. Zunächst waren das vor allem Eistees, inzwischen auch Limonaden und Energy Drinks. Für den neuesten Hype sorgte dabei der Streamer MontanaBlack, der über viele Millionen Follower auf Plattformen von Twitch über YouTube bis Instagram und Twitter bzw. X verfügt.
Gemeinsam mit der Beteiligungsgesellschaft Bold & Balanced gründete MontanaBlack die Gönrgy GmbH, die den gleichnamigen Energy Drink in drei Geschmacksrichtungen launchte: Raspberry Cheesecake, Blueberry Coconut und Tropical Exotic. Zunächst gab es die Getränkedosen bei Kaufland und Rewe, inzwischen auch andernorts. Wie groß der Hype um das neue Getränk war, zeigt sich auch darin, dass es in den ersten Monaten fast immer ausverkauft war. Auch das dürfte ein Grund für das große Suchvolumen sein. Ob Gönrgy den Hype in einen langfristigen Erfolg umwandeln kann, muss sich allerdings erst noch zeigen.
Hot Chip
Über die sozialen Netzwerke, insbesondere Tiktok und Instagram, werden zuletzt immer wieder auch Snacks zum Hype. Über die Tortilla-Chips der Marke Takis aus Mexiko hat TrendWatch bereits berichtet. Immer mehr Händler springen auf den TikTok-Zug auf und bieten die Snacks an, selbst in normalen Edeka-Märkten gibt es inzwischen Takis.
Ein weiterer der Snacks, die durch TikTok bekannt wurden, ist der angeblich schärfste Chip der Welt, für den der Hersteller mit geschicktem Marketing die “Hot Chip Challenge” erfand und ihn für sagenhafte 10 Euro pro Chip verkauft. Der “Hot Chip” ist seitdem oft in den Medien präsent, es gibt mehrere Fälle insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die nach dem Verzehr des Chips körperliche Probleme bekommen haben.
Anfang November gab es dann eine neue Wendung in der Story um den “Hot Chip”: Deutsche Lebensmittelüberwachungsbehörden teilten mit: “Die in den einzelnen Chips enthaltene Menge des für die Schärfe verantwortlichen Capsaicin schwankt in den Proben erheblich und erreicht teilweise extrem hohe Werte. Ein sehr hoher Schärfegrad kann gesundheitliche Folgen haben. Dazu zählen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Bluthochdruck, brennende Augen und gereizte Schleimhäute. Da es sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen wahrscheinlich um eine chargenübergreifende Problematik handelt, wird dringend empfohlen, auf jeglichen Verzehr des Produktes zu verzichten.” Die entsprechenden Firmen mit Sitz in Frankfurt/Main und Gießen riefen die “Hot Chips” daraufhin freiwillig aus dem Handel zurück.
Slimming Gummies
Wer im Internet unterwegs ist, wird sicher schon über Werbung für “Slimming Gummies” gestolpert sein, Eine Art Gummibärchen, mit dem man abnehmen soll. Wundergummi statt Wunderpille also. Oft wird dabei auch mit Behauptungen agiert, die nicht stimmen, z.B. einem Auftritt in der Vox-Show “Höhle der Löwen”, den es nie gab.
Weiteres Problem des Produkts: Laut verschiedener Medienberichte handelt es sich um einen “dreisten Schwindel”. Auch die Verbraucherzentrale Hessen prangert die Gummibonbons an: Sie “können kein Fett vernichten”. Und: “Für keinen der genannten Inhaltsstoffe gibt es ausreichend Belege, dass sie zu einer Gewichtsreduktion führen. Derartige Versprechen sind frei erfunden und nach europäischem Recht verboten.”
Bitter: Trotz dieser Warnungen findet sich bezahlte Werbung für Slimming Gummies auf eigentlich seriösen Nachrichtenseiten wie der der “Sächsischen Zeitung” und die Produkte sind u.a. bei der von Günther Jauch beworbenen “Shop Apotheke” bestellbar.
Yeezy Slides
Die Kooperation zwischen dem Sportartikelhersteller Adidas und dem Rapper Kanye West war viele Jahre lang eine gigantische Erfolgsgeschichte. Unter dem Namen Yeezy wurden seit 2015 zahlreiche Kollektionen von Shirts, Jacken, Hosen, Socken und vor allem Schuhen in den Handel gebracht. Die Marke Yeezy hatte im Jahr 2021 eine Bewertung von unglaublichen 3,2 bis 4,7 Milliarden US-Dollar bekommen. Die Yeezy Slides, Sandalen aus Gummi, waren dabei ein besonderer Modetrend.
Wests antisemitische Äußerungen führten 2022 dann aber dazu, dass sich Adidas von seinem Kooperationspartner trennte und dafür auf bis zu 250 Millionen Euro Quartalsgewinn verzichtete. Problem: Die Adidas-Lagerhäuser waren noch voll von Yeezy-Produkten. In verschiedenen Wellen werden die bereits hergestellten Produkte nun noch verkauft, der erzielte Gewinn wird gespendet.
OACE
OACE ist eine Sportbekleidungsmarke aus Heilbronn, die ursprünglich u.a. vom Bodybuilder Benjamin Burkhardt gegründet wurde, der auf YouTube und Instagram hunderttausende Follower und Abonnierende als “Smartgains” erreicht. OACE selbst ist ebenfalls durch soziale Medien bekannt geworden, allein auf Instagram folgen dem Profil inzwischen 248.000 Leute.
Angeboten werden von OACE u.a. körperbetonte Leggings und Shorts, sowie Shirts, Hoodies und Tops. Wie es heute im Handel häufig gemacht wird, werden neue Kollektionen der Marke zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Tag gedroppt. Sprich: Fans der Marke müssen genau dann kaufen, wenn sie etwas abbekommen wollen.
Solche Drops sind immer ein zweischneidiges Schwert: Durch die Angst, etwas zu verpassen (FOMO), sind die Fans heiß und kaufen. Andere kommen zu spät und kommentieren dann wie bei OACE auf Instagram: “Langsam überschattet die schlechte Verfügbarkeit euer Image. Das hat nichts Positives oder Besonderes mehr.” Und: “Bevor es zum Verkauf kommt, werden erstmal alle 2000 Influencer versorgt, die nochmal einige Artikel verlosen und zum Verkauf ist kaum was übrig”. Und: “Total enttäuschend, nach wenigen Minuten alles weg!”
Gucci Cap
Neben neuen Klamottenmarken, die von Influencern auf Social Media bekannt gemacht wurden, gibt es auch im Jahr 2023 immer noch Klassiker, die erfolgreich Marktanteile verteidigen. Beispiele dafür sind die Suchvolumen für Keywords wie “Gucci Cap” oder “Prada Sonnenbrille”, die in den vergangenen Monaten im Auftrieb waren.
Die Baseball-Caps von Gucci sind dabei sicher nicht für jeden Modegeschmack geeignet, wie ein Blick in den Online Shop der Marke zeigt. Mit einem Preis von 340 bis 530 Euro sind sie zudem auch nicht für jedes Portemonnaie geeignet. Dass traditionsreiche Marken wie Gucci und Prada aber sogar bei Teenies gut ankommen, zeigt ein Fall aus München, bei dem 14- bis 18-Jährige einem anderen 14-Jährigen eine Fake-Gucci-Cap klauen wollten.
Pandora Ring
Hinter dem Unternehmen Pandora steckt der dänische Goldschmied Per Enevoldsen, der 1982 mit einem kleinen Laden in Kopenhagen startete. Aus dem kleinen Laden wurde im Laufe der Jahre ein Großhändler, der in Thailand hergestellten Schmuck weltweit verkaufte. Heute hat Pandora nach eigenen Angaben 32.000 Mitarbeitende, 2022 verkaufte man sagenhafte 103 Millionen Schmuckstücke und setzte damit 26,5 Milliarden dänische Kronen (etwa 3,5 Milliarden Euro) um.
Bekannt macht sich Pandora immer wieder durch Kollektionen mit Popkultur-Referenz. So launchte man zuletzt beispielsweise Schmuck zum 100. Geburtstag von Disney und zum Serien-Megahit “Game of Thrones”. Der aktuell massive Anstieg des Suchvolumens zum Keyword “Pandora Ring” könnte aber einen anderen Grund haben: Via Tiktok ist ein Ring-Set aus Sonne und Mond zum riesigen Hype mit mehr als 4 Millionen Views geworden. Dahinter stecken offenbar auch Taylor-Swift-Fans, die den Ring mit der Songzeile “He was sunshine, I was midnight rain” verbinden.
Coffee B
Im Frühjahr brachte Delica, ein Tochterunternehmen des großen Schweizer Einzelhändlers Migros, eine Maschine heraus, die den Kaffeemaschinenmarkt revolutionieren sollte. CoffeeB, so der Name des Produkts, sei die “bedeutendste Kaffee-Innovation seit Erfindung der Kaffeekapsel”, so die Firma damals. Die Idee hinter CoffeeB: Der Kaffee ist ein Kaffeekapsel-System ohne Kapseln. Stattdessen wird der Kaffee bei der Herstellung zu kleinen, komplett kompostierbaren Kugeln zusammengepresst.
So spannend die Idee ist, so langsam kommt das System bisher offenbar in Fahrt. Medien berichteten zu Beginn über “vernichtende Kommentare” von Käuferinnen und Käufern. Zudem sei der Geschmack “zu fad, um mit Nespresso mithalten zu können”.
In Deutschland ist das System seit April verfügbar – u.a. bei Edeka. Doch auch hierzulande scheint das Geschäft noch schleppend zu laufen. So berichtet die “Lebensmittel Zeitung”: “Die ursprünglich für 149 Euro angebotene Coffee-B-Maschine gab es im Juli zum Teil für 49 Euro inklusive 25-Euro-Einkaufsgutschein und acht Gratispackungen mit Einzelportionen im Gesamtwert von rund 28 Euro.”
Corteiz
Eine der absoluten In-Marken heißt derzeit Corteiz. Die 2017 ins Leben gerufene Streetwear-Brand macht immer wieder durch besondere Aktionen auf sich aufmerksam, 2022 zum Beispiel damit, 50 Jacken gegen welche anderer Marken zu tauschen. Hunderte entschlüsselten die Koordinaten des Ortes, an dem “Da Great Bolo Exchange” stattfinden sollte.
Viel über sich und seinen Gründer teilt die Firma nicht mit. Das Instagram-Profil ist sogar privat, nur als Follower lassen sich die Posts anschauen. Geheimniskrämerei, die den Hype noch verstärkt. 2023 wurde Corteiz für einen Fashion Award nominiert, kürzlich waren Sneaker, die man in Kooperation mit Nike auf den Markt brachte, nach Minuten ausverkauft.
Wo ist diese Woche Coca-Cola im Angebot
Eine Branche, die ihre Umsätze hauptsächlich noch in echten Läden generiert, ist die der Lebensmittel. Dennoch ist auch für sie das Netz wichtig – auch im Hinblick auf Sonderaktionen und -angebote, die von vielen Menschen nicht mehr mit Hilfe von gedruckten Prospekten wahrgenommen werden, sondern digital.
Ansteigende Suchvolumen für Keywords wie “Wo ist diese Woche Coca-Cola im Angebot”, “Wo ist Bier im Angebot diese Woche”, “Zucker Angebot”, “Aperol Angebot diese Woche”, “Chips Angebot” oder “Welcher Supermarkt hat Kaffee im Angebot” zeigen das. Die hohe Inflationsrate der näheren Vergangenheit tut ihr Übriges beim Ansteigen der Suchen.
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